Adel verpflichtet: Luchino Visconti

Lo straniero

IT/FR/DZ 1967, 104 min, 35 mm, O/d-f
Regie: Luchino Visconti
Darst.: Marcello Mastroianni, Anna Karina, Bernard Blier, Alfred Adam, Pierre Bertin, Angela Luce, Jacques Herlin, Mimmo Palmara, Jean-Pierre Zola, Joseph Maréchal u.a.

Algier 1935: Der junge Franzose Arthur Meursault lebt in der Hauptstadt der französischen Kolonie Algerien gleichgültig in den Tag hinein. Er empfindet keine Trauer, als seine Mutter beerdigt wird, und beginnt am nächsten Tag eine Affäre mit der Büroangestellten Marie, die ihm eigentlich nichts bedeutet. Er greift nicht ein, als in einem Nebenraum ein Mann eine Frau schwer misshandelt – und fühlt auch nichts, als er an einem glühend heissen Sommertag am Strand einen jungen Einheimischen erschiesst, der ihn angeblich mit einem Messer bedrohte. Meursault wird verhaftet und zum Tod verurteilt. Auch das Todesurteil nimmt er so indifferent entgegen wie alles in seinem kurzen Leben: Er ist ein Fremder auf dieser Welt. Der Roman «L’étranger» von Albert Camus, 1942 erschienen, gehört zum Kanon der Weltliteratur und ist eines der Schlüsselwerke des Existenzialismus. Viscontis Verfilmung aus dem Jahr 1967 hält sich eng an die Romanvorlage. Marcello Mastroianni, der bereits einmal, 1957, in der Dostojewski-Adaptation «Le notti bianchi» mit Visconti zusammengearbeitet hatte, läuft in der Figur des die absolute Leere verkörpernden Arthur Meursault zu Hochform auf. Die Godard-Muse Anna Karina als Büroangestellte Marie steht ihm dabei in nichts nach. «Lo straniero» zählt völlig zu Unrecht zu den am wenigsten bekannten und verkanntesten Werken Viscontis. Christoph Huber vom Österreichischen Filmmuseum Wien schrieb: «Die Schattenwelt, die existenzielle Leere, die den gleichgültigen Protagonisten des Buchs umgibt, wird von Visconti mit gewohnt sorgfältig rekonstruierter, realistischer Detailfülle versehen, der ebenso ungreifbare existenzialistische Anti-Held mit der Star-Präsenz von Marcello Mastroianni. Das Porträt absoluter Entfremdung, die Geschichte eines sinnlosen Mordes und seiner Folgen muss sich hier – in typischer Visconti-Manier – den Platz mit einem Gesellschaftsporträt teilen. Viscontis Fremde: Algier in den 1930er-Jahren, durchwirkt von Rassismus und Spannungen zwischen den einheimischen Kolonisierten und den französischen Kolonisatoren.»

 

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