Premierenfilm

Cuori puri

IT 2017, 115 min, DCP, I/d-f
Regie: Roberto De Paolis
Darst.: Selene Caramazza, Simone Liberati, Barbora Bobulova, Stefano Fresi, Edoardo Pesce, Antonella Attili, Federico Pacifici, Alexia Murray, Nick Nicolosi u.a.

Am Anfang steht die wilde Verfolgungsjagd wegen eines verhinderten Ladendiebstahls. Die 17-jährige Agnese wird von Stefano, dem jungen Parkplatzwächter vor einem Supermarkt, gestellt, als sie mit einem geklauten Handy abhauen will. Dabei ist Agnese eigentlich ein braves Mädchen, das mit der alleinerziehenden Mutter in einer staubigen Römer Vorstadt lebt. Agneses Mutter ist eine fanatische Katholikin und hat der Tochter ein Keuschheitsversprechen bis zur Heirat abgerungen. Weil Agnese mit ihrem Handy «unangebrachte» Nachrichten mit einer Freundin austauschte, hatte die Mutter das Gerät konfisziert. Als sich das Mädchen und der Parkplatzwächter, ein Verlierertyp, der eigentlich bereits mit einem Bein im Gefängnis steht und an die «Ragazzi di vita» früher Pasolini-Filme erinnert, kurz darauf wiederbegegnen, funkt es zwischen den beiden so unterschiedlichen Charakteren. Der Erstling von Regisseur und Drehbuch-(Co-)Autor Roberto De Paolis ist eines der erstaunlichsten italienischen Filmdebüts seit langem, eine heftige und ungestüme Liebesgeschichte im Spannungsfeld zwischen falscher Spiritualität und roher Körperlichkeit. Die Sizilianerin Selene Caramazza, Jahrgang 1993, spielt die Figur der 17-jährigen Agnese und ihr sexuelles Erwachen so intensiv und selbstverständlich, dass man dabei glatt vergisst, dass es ihre erste Filmrolle ist und sie im realen Leben gleich alt ist wie ihr «erwachsener» Filmpartner Stefano. Auch der Römer Simone Liberati, der diesen Part mit grosser Souveränität verkörpert, ist fünf Jahre älter als seine Filmfigur; auch er debütiert hier in einer Kinohauptrolle. Martin Aubert schreibt auf daily-movies.ch: «Stefano rennt Agnese nach, fängt sie ein, lässt sie gehen, sie kommt wieder zurück, nur um dann doch wieder zu gehen. Dieses ‹Je t’aime, moi non plus›, ein ewiges Hin und Her zwischen aufkommender und enttäuschter Liebe, verbirgt einen sozialen Hintergrund, den der Regisseur geschickt einfliessen lässt: Arbeits- und Perspektivlosigkeit, Wohnungsnot, latenter Rassismus. In diesem sozialen Panorama bleibt dem Paar wenig Raum für Vergnügen. (…) Und wie eine Seifenblase aus der Zeit erscheint jener Moment, da die beiden ans Meer gehen: ‹Sapore di sale, sapore di mare, sapore di te› – wie es im Lied heisst. Es ist eine Flucht, die von der Realität rasch wieder eingeholt wird.»

 

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