Premierenfilm

Lara

DE 2019, 98 min, DCP, D, ab 12 Jahren
Regie: Jan-Ole Gerster
Darst.: Corinna Harfouch, Tom Schilling, Volkmar Kleinert, André Jung, Gudrun Ritter, Rainer Bock, Susanne Bredehöft, Maria Dragus, Mala Emde, Mark Filatov u.a.

Eine Frau wacht im Morgengrauen auf. An der Wand, auf die sie schaut, muss früher mal ein Klavier gestanden haben. Jetzt markieren nur noch Bücherregale dessen Umrisse. Die Frau tritt ans offene Fenster, stellt einen Stuhl hin, steigt drauf. Es klingelt. Sie springt nicht. Es ist übrigens der 60. Geburtstag von Titelfigur Lara, einer kürzlich pensionierten Berliner Verwaltungsangestellten. Die Lakonie, mit der Jan-Ole Gerster seinen Film um einen Tag im Leben einer Frau eröffnet, die sich ihr Dasein selbst zur Katastrophe gemacht hat, zieht sich konsequent durch diese Tragödie voller Komik. Sieben Jahre nach «Oh Boy», der schwarz-weissen Komödie um einen Studienabbrecher, 2013 mit dem europäischen Filmpreis als bester Nachwuchsfilm ausgezeichnet, ist Jan-Ole Gerster mit seinem lange erwarteten neuen Film zurück. Und so wie in seinem Erstling die Hauptfigur Niko ziellos durch ein melancholisches Berlin streifte, weiss auch die Protagonistin Lara nicht, wie sie den Tag in der deutschen Hauptstadt herumbringen soll. Die 1954 geborene Corinna Harfouch spielt diese von Ehrgeiz zerfressene, vereinsamte und über ihre unerfüllten Lebensträume frustrierte Lara so intensiv, dass es kaum übertrieben scheint, ihre Performance als die beste ihrer vier Jahrzehnte umfassenden Schauspielkarriere zu bezeichnen. Und dass es erneut Tom Schilling ist, der ihren Sohn, den viel versprechenden Jungpianisten Victor, spielt, ist eine schöne Pointe eines Films, der nicht nur eine fulminante Charakterstudie über eine an ihren Ambitionen scheiternde Frau ist, sondern auch ein starkes Porträt einer verkorksten Mutter-Sohn-Beziehung. Alex Rühle schrieb in der Süddeutschen Zeitung: «Dieser Film setzt Corinna Harfouch ein Denkmal, es gibt keine Szene in ‹Lara› ohne sie. ‹Das war natürlich eine kleine Parallele zu meinem vorherigen Film›, sagt Jan-Ole Gerster. (…) ‹Lara› und ‹Oh Boy› wirken wie Vorder- und Rückseite eines Lebens, komplementäre Geschichten. Jeweils ein Tag, jeweils ein Mensch, jeweils Berlin. Jugend und Alter, Komik und Tragik. (…) Und allein für die stumpfe Implosion in Corinna Harfouchs Gesicht lohnt sich dieser Film. So wie Harfouch diese Lara spielt, wird das Ganze zum Überdruckkammerspiel. Man folgt ihr durch die Stadt wie einem Pfeil, der vor langer Zeit abgeschossen wurde und nun immer weiterfliegt.»

 

Reservieren:

Trailer