Premierenfilm

Casting

DE 2017, 91 min, DCP, D
Regie: Nicolas Wackerbarth
Darst.: Andreas Lust, Judith Engel, Ursina Lardi, Corinna Kirchhoff, Andrea Sawatzki, Milena Dreissig, Toby Ashraf, Stephan Grossmann, Markus von Lingen u.a.

Ein Produzent mit gutem Draht zu den Kanälen des öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehens hat die Regisseurin Vera ausgewählt, für einen TV-Sender Rainer Werner Fassbinders «Die bitteren Tränen der Petra von Kant» neu zu verfilmen. Das war das Originellste, was dem Produzenten zum 75. Geburtstag des 1982 jung verstorbenen deutschen Meisterregisseurs einfiel. Wenige Tage vor Drehbeginn kann Vera sich immer noch nicht entscheiden, wer Petra von Kant spielen soll. Immer wieder legt sie beim Casting die Stirn in Falten, sagt Sätze wie: «Ich muss fasziniert sein. Wie soll ich hier fasziniert sein?», guckt schwer atmend zur Seite und erklärt am Ende: «Wir melden uns.» Das Team wird langsam ungeduldig, keiner will schuld sein, wenn der Film in die Binsen geht. Irgendwann spricht jemand das Wort «unprofessionell» aus. Dabei versucht sich Vera klarzuwerden, was sie will, da sie den Film eigentlich gar nicht drehen wollte – «Wer braucht schon eine zweite Version eines Meisterwerks?», fragt sie einmal –, aber nun steckt sie mittendrin. Sie ist Mitte vierzig und dies ist erst ihr drittes Projekt. «Da haben Sie aber spät angefangen», sagt spitz eine der Bewerberinnen und empfiehlt heisses Wasser für Veras kalte Hände. Und genau darum geht es die ganze Zeit: den anderen in die Ecke zu drängen, klein zu machen, das Terrain zu besetzen. «Ein Film über das Filmemachen. Genauer: über die Vorbereitung darauf, diesen von Eitelkeiten, Erwartungsdruck und Machtspielen durchsetzten Prozess, der tausend Entscheidungen verlangt, die alle in die Irre führen können. ‹Casting› ist fürs Fernsehen entstanden, für den SWR, hat aber glücklicherweise seinen Weg ins Kino gefunden. Es gab schon lange keinen deutschen Film mehr, der einen so ungekünstelten Ton trifft und so präzise die Balance hält zwischen Realitätsschärfe und Fiktion. Was zu grossen Teilen daran liegt, dass Wackerbarth ohne ausgefeiltes Drehbuch gearbeitet hat und die Szenen improvisieren liess. ‹Gerade wenn Schauspieler über etwas improvisieren, von dem sie sehr viel wissen, entstehen Dialoge, die ich so nie schreiben könnte›, sagt der Regisseur, der hier das, was Rainer Werner Fassbinder ausgemacht hat, die melodramatisch verwischte Trennschärfe zwischen Kunst und Leben, so meisterhaft wie ironisch gebrochen widerspiegelt.» Frank Wildermann, Der Tagesspiegel

 

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