Premierenfilm

Grozny Blues

CH 2015, 104 min, DCP, O/d
Regie: Nicola Bellucci
Mitw.: Zainap Gashaeva, Zarman Makhadzieva, Taisa Titiyeva, Taita Yunusova, Fatima Gazieva u.a.

Tschetschenien ist heute, zwei Jahrzehnte nach seinem ersten Unabhängigkeitskrieg, ein zerstörtes Land, auch wenn die Hauptstadt Grozny vordergründig als wieder aufgebaute Glitzermetropole erscheint. Der italienisch-schweizerische Regisseur Nicola Bellucci, 2010 mit «Nel giardino dei suoni» bekannt geworden, reiste in den letzten Jahren mehrmals nach Tschetschenien und dokumentierte dort unter prekärsten Bedingungen den Alltag einer Nachkriegsgesellschaft. Herausgekommen ist ein Film, der auf den ersten Blick so rein gar nichts mit dem meditativen Porträt des blinden Klangforschers aus Belluccis Heimat Arezzo von 2010 gemeinsam hat. Und doch sind beide Filme von grösster Sensibilität gegenüber Menschen durchdrungen, die sich extremsten existenziellen Herausforderungen stellen müssen. Bei seinen Recherchen zu «Grozny Blues» stiess Bellucci auf das Archiv der Exiltschetschenin und Menschenrechtskämpferin Zajnap Gaschajewa mit ihrem Fundus von Kriegsbildern, die 2005 bereits Eric Bergkraut in seinem Film «Coca – die Taube aus Tschetschenien» dokumentierte. Bellucci nahm diesen Faden wieder auf, wühlte sich in das Archiv und verbindet dieses Material nun mit seinen eigenen Bildern. «‹Grozny Blues› ist ein assoziativ gesponnenes Gewebe, kontrastreich und suggestiv, (…) ein Kino der vielen Geschichten (…), wir sehen die Gleichzeitigkeit von Zerstörung und Alltag, von planierter Vergangenheit und surrealer Normalität. (…) Wenn Putin wünschte, dass er alle Tschetschenen umbringen müsse, würde Ramsan Kadyrow, Putins Ziehsohn und der Zwergdiktator in Tschetschenien, das tun, sagt eine der Frauen im Film. Dazu grüsst Kadyrow von Plakaten am Strassenrand und wünscht eine ‹Gute Reise›. (…) Der Film ruft die Verwüstung ins Gedächtnis, bis sie durch die Adern des Alltags läuft und die Bürotürme in Grosny wie Grabsteine wirken. Er hält das Verschwundene am Leben, als Form eines Geisterbewusstseins (…), lässt Dinge aufeinanderprallen, damit wir sie selber zusammenblenden. Wir erschrecken – und erkennen.» Pascal Blum, Tages-Anzeiger

 

Premiere in Anwesenheit des Regisseurs Nicola Bellucci. Das Gespräch führt Christoph Wiedmer, Geschäftsleiter der Gesellschaft für bedrohte Völker.

 

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