Premierenfilm

Saint Omer

FR 2022, 122 Min., DCP, F/d, ab 12 Jahren
Regie: Alice Diop
Darst.: Kayije Kagame, Guslagie Malanda, Valérie Dréville, Aurélia Petit, Xavier Maly, Robert Cantarella, Salimata Kamate, Thomas de Pourquery, Adamo Diallo Tamba u.a.

Im französischen Städtchen Saint-Omer findet ein Gerichtsprozess statt. Die aus dem Senegal stammende Philosophiestudentin Laurence Coly ist des Kindsmords angeklagt. Sie soll ihre 15 Monate alte Tochter im Meer ertränkt haben. Die junge Mutter streitet die Tat an sich nicht ab; sie erhofft sich vom Prozess vielmehr, diese zu verstehen. Als Beobachterin sitzt die junge Universitätsdozentin und Schriftstellerin Rama im Saal. Sie ist aus Paris angereist, weil sie in Laurences Geschichte Parallelen zum antiken Medea-Mythos sieht und damit Stoff für ihren neuen Roman. Ihr vorgefasstes Urteil ist klar: schuldig. Doch im Verlauf der Verhandlung entdeckt die schwangere Rama, die ebenfalls senegalesische Wurzeln hat, erschreckende Ähnlichkeiten mit ihrer eigenen Familiengeschichte, ihren Beziehungen und ihrer kommenden Mutterschaft. Sie sieht in Laurences Geschichte eine Vergangenheit und Zukunft, die ihr Angst machen und den Fall Coly alles andere als eindeutig. Die vielfach ausgezeichnete französische Dokumentarfilmregisseurin Alice Diop liess sich für ihr Spielfilmdebüt vom realen Fall und der 2016 stattfindenden Gerichtsverhandlung in Saint-Omer inspirieren, die sie persönlich mitverfolgte. Sie inszeniert kein klassisches Gerichtsdrama mit klaren Antworten und Schuldzuweisungen. Vielmehr erzählt sie von Brüchen in weiblichen Biografien und spiegelt gekonnt die Schicksale zweier äusserst gegensätzlicher Migrantinnen. Herausgekommen ist ein zutiefst packender, intelligenter Film über universelle Fragen von Wahrheit, Vorurteilen und Mutterschaft, der in Venedig mit dem Grossen Preis der Jury ausgezeichnet und von Frankreich ins Oscarrennen geschickt wurde. Madeleine Eger schreibt auf filmpluskritik.com: «Wie soll man eine Tat verstehen, für die die Angeklagte selbst keine eindeutigen Antworten hat? Deren Verhandlung ein komplexes Geflecht aus Erfahrungen und Ursachen ans Licht bringt. Und deren Perspektiven auf Familie, Mutterschaft, Weiblichkeit, Immigration, Existenz, Status und der Persönlichkeit es uns unmöglich machen, Schuld vollumfänglich zu definieren. ‹Saint Omer› als dokumentarisches Gerichtsdrama wird gleichermassen Spiegel und Beobachtungsstudie der Gesellschaft.»

 

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