Ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte

Der letzte Ketzer

CH 2022, 59 Min., DCP, D, ab 16 Jahren
Regie: Manuel Dürr, Jan-Marc Furer
Mitw.: Anton Schwingruber, Gregor Emmenegger, David Neuhold, Diane Smitley Williams, Beat Schmid, Erwin Duss, Jonas Mayer, Barnabas Wagenmann, Timo Mayer u.a.

In der Schweiz wurde nicht nur Anna Göldin als letzte «Hexe» Europas hingerichtet. Zu einer Zeit, als in England bereits an Dampfmaschinen gebastelt wird, in Frankreich Diderot und D’Alembert mit ihrer Encyclopédie den Boden für die Revolution bereiten, wird 1747 in Luzern der Bauer Jakob Schmidli wegen «Irrlehren und Verführung» verurteilt, stranguliert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. «Der letzte Ketzer» erzählt die Geschichte des Innerschweizers, dessen Fall weit über die Landesgrenzen Aufsehen erregte. Schmidlis Vergehen: Er hatte eine Bibellesegruppe gegründet und sich damit in den Wirren der Konfessionskriege mächtige Feinde gemacht. Der Zugriff der Obrigkeit war radikal: Der Verurteilte wurde nicht nur hingerichtet; darüber hinaus wurde alles, was auf seine Existenz hindeutete, ausgelöscht. Sein Hof wurde niedergebrannt, und es wurde verfügt, dass an dieser Stelle nie wieder ein Haus errichtet werden durfte. Zur weiteren Abschreckung wurde 1747 auf dem Sulzig eine monumentale Schandsäule errichtet: Alle, die ins Entlebuch kamen, wurden damit an Schmidlis Vergehen erinnert. Das Verdikt aus dem 18. Jahrhundert wirkt bis heute nach: Es gibt keinen Wegweiser auf den Sulzig, wo Schmidlis Haus einst stand. Auch erzählen ältere Innerschweizer:innen, dass ihnen als Kinder, wenn sie unfolgsam waren, mit dem Sulzig-Joggeli gedroht wurde. Die Brutalität, mit der die Obrigkeit auf Schmidli reagierte, steht exemplarisch für die Rückständigkeit der Schweiz im europäischen Vergleich: In keinem anderen Land wurden pro Kopf mehr Todesstrafen verhängt und mehr Hexen hingerichtet. «Der letzte Ketzer» erzählt nicht nur ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte, sondern zeigt auf, dass Freiheit und Toleranz nicht selbstverständlich sind, sondern immer wieder neu erkämpft werden müssen.

 

Anschliessend Podiumsdiskussion mit Drehbuchautor und Kirchenhistoriker Gregor Emmenegger, Historikerin Rezia Krauer, Historiker David Neuhold und Alt­Regierungsrat Anton Schwingruber. Moderation: Ann­Katrin Gässlein, Cityseelsorge Katholische Kirche St.Gallen. Danach sind alle zum Apéro eingeladen.

 

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Anschliessend Podiumsdiskussion mit Drehbuchautor und Kirchenhistoriker Gregor Emmenegger, Historikerin Rezia Krauer, Historiker David Neuhold und Alt-­Regierungsrat Anton Schwingruber. Moderation: Ann­Katrin Gässlein.
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