Premierenfilm

Rien à foutre

BE/FR 2021, 115 Min., DCP, O/d, ab 16 Jahren
Regie: Emmanuel Marre, Julie Lecoustre
Darst.: Adèle Exarchopoulos, Alexandre Perrier, Mara Taquin, Arthur Egloff, Tamara Al Saadi, David Martinez Pinon, Soraya Amate, Martina Amato, Blanche Vieillevoye u.a.

«Wir sehen Sonnenschein und Schnee am selben Tag. Ich bin ziemlich glücklich», erzählt Cassandre den Freunden über ihre Arbeit. Seit gut drei Jahren arbeitet die junge Frau für die Billig-Airline «Wing» und jettet als Flugbegleiterin zwischen Mailand, Mykonos, Warschau und Lanzarote hin und her. Doch so glücklich mit dem nomadischen Leben scheint sie in Wirklichkeit nicht zu sein. Der Job, bei dem man immerzu freundlich lächeln muss, selbst wenn die Fluggäste nervig sind, ist anstrengend. Neben der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und einem makellosen Auftritt liegt das Hauptaugenmerk der Vorgesetzten auf der Steigerung des Umsatzes mit Duty-free-Artikeln. Auf Lanzarote, in einer unpersönlichen Ferienanlage mit Pool, erholt sich das Kabinenpersonal von seinem harten Arbeitsalltag und tobt sich in Nachtclubs aus. Cassandre scheint allerdings nur noch von ihrer Uniform zusammengehalten zu werden. Kaum legt sie ihr blaues Kostüm ab, werden ihre innere Leere und Verlorenheit spürbar. Mit Alkohol und bedeutungslosen One-Night-Stands betäubt sie ihre Einsamkeit und stillt ihr Bedürfnis nach Intimität. Als sie eines Tages aus einem banalen Grund freigestellt wird, ist sie gezwungen, zu ihrer Familie zurückzukehren, wo sie sich endlich sich selbst stellen muss. Dem französischen Regieduo Emmanuel Marre und Julie Lecoustre gelingt in ihrem Erstling «Rien à foutre» in nahezu dokumentarischer Authentizität und Unmittelbarkeit eine fesselnde Berufsstudie über die Härten der prekarisierten Arbeitswelt. Herzstück des Films ist die Schauspielerin Adèle Exarchopoulos. In ihrer grössten Rolle seit «La Vie d’Adèle» ist sie in fast jeder Einstellung zu sehen. Mit entwaffnender Verletzlichkeit spielt sie die tragikomische Version einer Millennial, die in einer Welt des Hyperkapitalismus und Digitalismus wie eine Nomadin zwischen unwirtlichen Transit-Orten hin und her hetzt – entwurzelt, rastlos, auf der Suche nach sich selbst. Bruno Deruisseau konstatiert in Les Inrockuptibles: «Von der Uberisierung des Arbeitsmarktes bis hin zur Allgegenwart von Smartphones beleuchtet der Film mit seltener Schärfe den Geisteszustand der Jugend.»

 

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