Premierenfilm

Otar’s Death

GE 2021, 106 Min., DCP, O/d-f, ab 16 Jahren
Regie: Ioseb Soso Bliadze
Darst.: Iva Kimeridze, Nutsa Kukhianidze, Eka Chavleishvili, Archil Makalatia, Taki Mumladze, Vakho Chachanidze, Marlen Egutia, Nanka Kalatozishvili u.a.

Der 16-jährige Nika lebt mit seiner Mutter in einer Hochhaussiedlung in Tiflis. Seine Mutter, die er Keti nennt, ist noch jung und viel unterwegs. Als die beiden an einem Sonntag mit dem Auto einen Ausflug an einen See machen, lässt sie ihn allein am Ufer zurück, um sich mit ihren Freunden zu vergnügen. Nika wartet bis zur Dämmerung, dann hat er genug und setzt sich allein ins Auto, um nach Tiflis zurückzufahren. Abgelenkt vom Anruf seiner Mutter, fährt er im Dunkeln einen alten Mann an an, der bei seiner alleinerziehenden Tochter und deren Sohn lebt. Um Nika eine Gefängnisstrafe zu ersparen, versucht Keti verzweifelt, 30’000 Lari aufzutreiben. Diese Summe fordert die Familie des alten Mannes, damit sie von einer Anzeige absieht. Der georgische Regisseur Ioseb Soso Bliadze legt ein starkes Debüt vor. Er malt in seinem lakonisch-absurden Drama ein wenig schmeichelhaftes Bild seines Landes: Korruption, dysfunktionale Familien, abwesende Väter, antriebslose Söhne. Bliadze beweist einen grossen Formwillen in seinem unaufgeregt erzählten, aber wendungsreichen und immer wieder überraschenden Film. Der Regisseur setzt auf eine starre Kamera, diese ist oft frontal vor die Protagonisten platziert und lässt sich Zeit, die Szene aufzuzeichnen. Auch die Figuren agieren ohne Dramatik. Geschickt verknüpft Bliadze die Erzählstränge um die beiden Familien, die sich in vielem gleichen: zwei Mütter, die wenig Rücksicht auf ihre Söhne nehmen, beide Familien leben ohne Väter in finanziell prekären Verhältnissen, die eine auf dem Land, die andere in der Stadt. Die International Cinephile Society schreibt: «Das Grossartige an ‹Otar’s Death› ist, dass Bliadze nie ein Urteil über eine der Figuren fällt, sondern sie atmen und leben lässt, ohne zu belohnen, wer Recht hat, oder zu verurteilen, wer Unrecht hat. Getragen durch ein starkes Ensemble, erinnert der Film auch an frühere Werke von Asghar Farhadi und den Dardennes, in denen das Publikum einen ganzheitlichen Blick auf die Figuren erhält und mehr über sie weiss und versteht als sie selbst. Der Film stellt nie jemanden als absoluten Bösewicht dar, sondern als Menschen mit Fehlern, die selbst Opfer des Systems sind, das sie korrumpiert.»

 

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