
The Punk Syndrome
Pertti Kurikan Nimipäivät (Pertti Kurikkas Namenstag), 2009 gegründet, ist Finnlands wohl berühmteste Punkband. Neben dem Gitarristen und Sänger Pertti Kurikka gehören ihr der Bassist Sami Helle, der Schlagzeuger Toni Välitalo und der Sänger Kari Aalto an. Zwar sind die Mitglieder des Quartetts perfekt in die finnische Gesellschaft integriert, so perfekt, dass man sogar in einer Szene sieht, wie Bandleader Pertti dem finnischen Präsidenten die Hand schüttelt – und doch entsprechen sie nicht ganz der Norm. Die vier Musiker sind nämlich geistig behindert, und die beiden Regisseure Jukka Kärkkäinen und Jani-Petteri Passi verfolgen «live» die Mühen der Musiker, was immer wieder zu herzzerreissend komischen Situationen führt, etwa wenn Sänger Kari Aalto lieber ein improvisiertes Lied grölt als einen vereinbarten Termin bei der Podologin einzuhalten. «The Punk Syndrome» feierte seine Weltpremiere 2012 am Dokumentarfilmfestival Visions du Réel in Nyon, mit einem anschliessenden Live-Auftritt von Pertti Kurikan Nimipäivät. Es war der unvergesslichste Moment des Festivals, und verdientermassen erhielt «The Punk Syndrome» den Spezialpreis der Jury. «Ähnlich, wie sich die Mehrheitsgesellschaft an rollstuhlgerechte Busse gewöhnte, nimmt sie inzwischen wohlwollend zur Kenntnis, dass Behinderte ‹auch› Dinge tun: auch Fussball spielen, auch kreativ sind, auch Sex haben. Aber rebellieren, fluchen und der Fuck-you-Attitüde des Punk frönen? (…) Die Einschätzung von Sänger Aalto spricht für sich: ‹Es geht um einen Idioten, der Punk singt, und drei andere Idioten, die Punk spielen.› An das Publikum adressiert er eine recht deutliche Erwartung: ‹Man sollte den Film ansehen und sich fragen, ob man behinderte Menschen hassen oder sie lieben und respektieren sollte.› So weit die Botschaft. Allzu kuschelig werden Pertti Kurikan Nimipäivät deshalb noch lange nicht. Immerhin sind sie punk.» Tobias Müller, WOZ