Openair in der Lokremise: Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs

Annie Hall

US 1977, 93 min, DCP, E/d, ab 12 Jahren
Regie: Woody Allen
Darst.: Woody Allen, Diane Keaton, Carol Kane, Janet Margolin, Tony Roberts, Shelley Duvall, Sigourney Weaver, Paul Simon, Christopher Walken, Jeff Goldblum u.a.

Ein zum Glücklichsein unfähiger New Yorker, der an allem zweifelt, vor allem an sich selber, und der wegen seiner Neurosen seit Jahren zur Psychotherapie geht: Das sind die typischen Eigenschaften der autobiografisch geprägten Kunstfigur eines «Stadtneurotikers», die Woody Allen mit «Annie Hall» erschaffen hat und seither immer wieder variiert. Der erfolgreiche Komiker Alvy Singer, zweimal geschieden und von seiner Freundin Annie Hall getrennt, steckt wieder einmal in einer tiefen Sinnkrise. Die Vergänglichkeit des Lebens, der Liebe, ja des Universums ist Alvy einmal mehr bewusst geworden. Geblieben ist ihm nur der Witz. Und damit tritt er nun an, um uns von seiner Kindheit, den gescheiterten Beziehungen und seiner Arbeit zu erzählen. Und vor allem von Annie Hall, die sein Leben verändert hat, so wie er ihres. Mit der Komödie, für die er 1978 vier Oscars erhielt (bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch und beste Schauspielerin), gelang Woody Allen der internationale Durchbruch. Hatte er zuvor sprunghafte Genre-Parodien voller Slapstick gedreht, markiert «Annie Hall» den Anfang einer eigenständigen und erfolgreichen Form von Tragikomödien im Milieu der New Yorker Intellektuellen. Der an Originalschauplätzen gedrehte Film ist ein komödiantisches Meisterwerk und erinnert in seiner ungewöhnlich experimentierfreudigen Form gar an das Kino von Jean-Luc Godard. So sprechen die Figuren teilweise direkt in die Kamera, die Erinnerungen sind nicht chronologisch, sondern assoziativ. Immer wieder werden mit Tricks die Grenzen der Realität aufgelöst, beispielsweise, wenn sich Alvy und Annie das erste Mal unterhalten und in den Untertiteln ihre Gedanken zu lesen sind. Christina Bornemann schreibt im Metzler Filmlexikon: «Allen traf mit ‹Annie Hall› den Nerv der 70er-Jahre, die narzisstische Ich-Suche von Intellektuellen und das Verhältnis zwischen den Geschlechtern nach der sexuellen Revolution: der Konflikt zwischen emanzipationsbedürftigen Frauen und dominanzgewöhnten Männern nach der Verabschiedung der tradierten Rollenvorstellungen und ihr Versuch, trotzdem miteinander zu leben.»

 

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