Premierenfilm

Love Me Tender

CH 2019, 83 min, DCP, I/d, ab 12 Jahren
Regie: Klaudia Reynicke
Darst.: Barbara Giordano, Antonio Bannò, Gilles Privat, Federica Vermiglio, Maurizio Tabani, Anna Galante, Jasmin Mattei, Elena Gigliotti, Max Zampeti u.a.

Seconda leidet an Agoraphobie und fürchtet sich vor offenen Räumen. Mit ihren 32 Jahren lebt sie noch immer bei ihren Eltern und hat wegen ihrer Angststörung das Haus schon lange nicht mehr verlassen. Als sie eines Tages die Mutter tot am Küchentisch auffindet und der Vater sich aus dem Staub macht, ist sie plötzlich auf sich allein gestellt. Lebensuntüchtig droht sie in ihrem eigenen Gefängnis zu verwahrlosen, bis schliesslich der leere Kühlschrank und ein heimtückischer Überlebenswille, der ihr diverse Selbstmordversuche vergällt, sie zwingen, sich ihren Ängsten zu stellen. Einer unbeholfenen Superheldin gleich wagt sie sich im türkisen Tauchanzug aus dem Haus und nimmt den Kampf gegen die scheinbar übermächtige Phobie auf. Ein Pop-Drama nennt Klaudia Reynicke ihren neuen Film. In zarten und doch kraftvollen Bildern zeichnet die schweizerisch-peruanische Regisseurin mit überraschend surrealistischen Anklängen ein fast schon märchenhaftes Beispiel weiblicher Selbstermächtigung. Julia Schmidt schreibt im Filmbulletin: «Zu Beginn wähnt man sich in einem sozialrealistischen Drama. In natürlichem Licht und mit gelegentlicher Unschärfe folgt die Handkamera von Diego Romero erst dem familialen Figurentrio, dann der einsamen Verrückten durch ihre häusliche Misere. Doch sporadisch eingesetzte Synthiepopklänge, symbolisch aufgeladene Gegenstände und Handlungen, die sich zu einer ganz eigenen Alltagsikonografie verdichten, verweisen darauf, dass sich Reynicke noch ganz anderen, weniger naturalistischen Inszenierungsweisen annehmen wird. Sie reichert ihre Erzählung mit subtilen Genrezitaten und offenkundigen Irrealismen an, die uns in die verdrehte Gefühlswelt der Protagonistin entführen. ‹Love Me Tender› zeichnet ein Psychogramm, vor allem aber eine Befreiungsgeschichte, die durchaus als feines feministisches Manifest durchgeht. Die Anspielungen auf Heldengeschichten, Psychothriller, romantische Komödien und Märchen wirken da wie feine Seitenhiebe gegen kulturelle Erzeugnisse, in denen das Schicksal von Frauen allzu häufig in Männerhänden liegt, ob in mörderischen oder heilbringenden.»

 

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