
Multiple Schicksale
Regie: Jann Kessler
Mitw.: Rainer Dunstheimer, Melanie Matoori, Bernadette Meier, Ursula Baumgartner, Oliver Merz, Luana Montanaro, Graziella Just u.a.
Graziella, Rainer, Melanie, Bernadette, Oliver und Luana haben etwas gemeinsam: Sie leiden an Multipler Sklerose (MS). Die sechs zwischen 1957 und 1986 geborenen Schweizer sind von der heimtückischen und unheilbaren Krankheit in unterschiedlichen Stadien betroffen und erzählen vor der Kamera des jungen Frauenfelder Dokumentarfilmers Jann Kessler mit erstaunlicher Offenheit von ihrem Leben. Dabei spürt man, dass sie und ihre Angehörigen gerne reden, denn durch ihr Leiden sind sie nicht nur gesundheitlich, sondern auch sozial eingeschränkt. Nicht mehr in der Lage zu sprechen ist dagegen die 53-jährige Ursula, die Mutter von Jann Kessler. Als er fünf Jahre alt war, wurde bei ihr MS diagnostiziert. Heute ist die Krankheit so weit fortgeschritten, dass sie nur noch hilflos im Bett liegt und nicht mehr mit ihrer Umwelt kommunizieren kann. Die Krankheit der Mutter war es denn auch, die den 1995 geborenen Jann Kessler zu seinem Film motivierte, der ursprünglich «nur» eine Maturaarbeit an der Kantonsschule Frauenfeld hätte sein sollen. Daraus wurde ein abendfüllender Dokumentarfilm, der bei seiner Premiere an den diesjährigen Solothurner Filmtagen zu den meist beachteten Erstlingswerken gehörte. «Jann Kessler ist ein starker, eindrücklicher Film gelungen. Nicht nur, weil die Thematik sensibel ist und Kesslers Zugang persönlich: ‹Multiple Schicksale› ist auch konzeptuell (…) durchdacht und auf der formalen Ebene ausgereift. (…) Aufmunternde Passagen fehlen nicht, und auch visuelle Spielereien sind erlaubt, doch die finale Tragik bleibt nicht aus: Einer der Protagonisten stirbt im letzten Drittel des Films – selbstbestimmt, umgeben von seiner Familie und quasi vor laufender Kamera. Dass Kessler selbst diesen heiklen Moment mit gewährleisteter Würde festhält und sein Publikum damit nicht peinlich berührt, sondern aufrichtig rührt, weist den jungen Mann bereits als einen der Grossen seines Fachs aus.» Georges Wyrsch, Aargauer Zeitung
Premiere in Anwesenheit des Regisseurs Jann Kessler. Das Gespräch führt Pia Hollenstein.