Grüningers Fall

Auf der Grundlage des gleichnamigen, 1993 erschienenen Buches des Ostschweizer Journalisten und Historikers Stefan Keller erzählt Richard Dindo in seinem Dokumentarfilm die Geschichte des St.Galler Polizeihauptmanns Paul Grüninger, der vor dem Krieg mehreren hundert österreichischen Jüdinnen und Juden, die vor den Nazis in die Schweiz flüchteten, das Leben rettete, indem er ihre Einreisedokumente fälschte. Wegen seiner Hilfeleistungen wurde Grüninger verhaftet, fristlos entlassen, vor Gericht gestellt und wegen Urkundenfälschung und Amtsverletzung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Dindo lässt Grüningers Weggefährten, seine vor Kurzem verstorbene Tochter Ruth Roduner-Grüninger und zahlreiche von ihm Gerettete, die aus den USA, Frankreich, Österreich und der Schweiz anreisen, von ihren Erinnerungen erzählen und Grüninger die letzte Ehre erweisen. Schauplatz des Films ist ebenjener Saal des St.Galler Bezirksgerichts, in dem der Polizeihauptmann im Oktober 1940 verurteilt worden war. Zusammen mit historischem Material schuf Dindo das vielschichtige Bild eines Mannes, der sein damaliges Handeln so begründete: «Wer wie ich wiederholt Gelegenheit hatte, die herzzerbrechenden Auftritte, das Zusammenbrechen der Betroffenen, das Jammern und Schreien von Müttern und Kindern, die Selbstmorddrohungen anzuhören sowie Selbstmordversuche anzusehen, der konnte schliesslich nicht mehr mittun. (…) Es ging darum, Menschen zu retten, die vom Tod bedroht waren. Wie hätte ich mich unter diesen Umständen um bürokratische Erwägungen und Berechnungen kümmern können?» Paul Grüninger starb vor 50 Jahren am 22. Februar 1972 im Alter von 81 Jahren. Einige Monate vor seinem Tod zeichnete ihn der Staat Israel als «Gerechten der Völker» aus. Er wurde erst 1995 rehabilitiert dank der Bemühungen seiner Familie, des damaligen Nationalrats und Rechtsanwalts Paul Rechsteiner und des Buchs von Stefan Keller.

Nach der Vorstellung diskutieren Stefan Keller, Historiker und Autor des Buches «Grüningers Fall», und Ständerat Paul Rechsteiner. Das Gespräch führt Saiten-Redaktorin Corinne Riedener.

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