Charlotte Gainsbourg – fragil und furchtlos

Lemming

FR 2005, 129 min, 35 mm, F/d, ab 14 Jahren
Regie: Dominik Moll
Darst.: Charlotte Gainsbourg, Laurent Lucas, Charlotte Rampling, André Dussollier, Jacques Bonnaffé, Véronique Affholder, Michel Cassagne, Florence Desille u.a.

Die Lebensweise der titelgebenden skandinavischen Nagetiere mit ihren periodisch auftretenden, mysteriösen Kollektivsuiziden ist etwas, das wohl jede und jeden schaudern lässt. Ein Exemplar eines derartigen Nagers liegt eines Tages tot im Küchenabfluss der Wohnung von Bénédicte und Alain, einem seit Kurzem glücklich verheirateten jungen Paar. Alain ist ein grundanständiger Mann, der seiner Frau jeden Wunsch von den Augen abliest; eigentlich fehlt den beiden zum perfekten Glück nur noch ein Kind. Beruflich ist er als Ingenieur in einer Firma tätig, die sich der Entwicklung fliegender Webcams widmet. Um seine Stellung im Betrieb zu verbessern, lädt Alain seinen Chef Richard mit dessen Ehefrau Alice zum Abendessen nach Hause ein. Allerdings hat er keine Ahnung, was für ein zynisches Ekel sein Chef privat ist, einer, der seine Frau permanent demütigt und herabsetzt. So kommt es bereits bei diesem ersten Zusammentreffen der beiden Ehepaare zu einem folgenschweren Eklat. Doch das ist nur der Anfang eines schwarzhumorigen, von fantastischen Elementen durchsetzten Thrillers voller atemloser Spannung, von dem nur so viel verraten sei: Sein dunkles Zentrum ist Alice. Als Rächerin, Verführerin und Todesengel ist sie der Gegenpol zur unschuldigen Bénédicte, von der sie allmählich Besitz ergreift. Mit einer rehhaften Charlotte Gainsbourg ist diese fragile Figur so ideal besetzt wie mit Charlotte Rampling als eiskalt agierender Rächerin. Wie dabei die beiden Charlottes immer mehr zu einer Figur werden, das ist das eigentliche Ereignis dieses Films. Thomas Allenbach schreibt in Der Bund: «Den Verlust der Kontrolle, den Absturz in den Abgrund bürgerlicher Ängste setzt Dominik Moll auf penibel kontrollierte Weise in Szene. Sein Film ist ein hermetisches System voller Echos, Spiegelungen, Verweise (auf Hitchcock, Chabrol, Kubrick, Lynch), in dem sich Realität und Fantastisches gegenseitig durchdringen. (…) ‹Lemming› ist ein intelligenter, für viele Interpretationen offener, von cinephilem Flair geprägter Film, der einem raffiniert immer wieder den Boden unter den Füssen wegzieht. Viele Fragen lässt er unbeantwortet, eine aber nicht: Für den Besuch des Lemmings gibt es eine banale Erklärung. Das macht den Film aber nur verstörender.»

 

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