Die Anhörung

CH 2023, 81 Min., O/d, ab 12 Jahren
Regie: Lisa Gerig
Mitw.: Pascal Onana, Victoria Innocent, J. Sael, Living Smile Vidja, Christina Affolter, Christoph Banderet, Demian Cornu, Lara Spinnler

Im Zentrum jedes Asylverfahrens steht die «Anhörung zu den Fluchtgründen», die vom Staatssekretariat für Migration (SEM) durchgeführt wird. Hier entscheidet sich, wer bleiben darf und wer nicht. Der Ablauf der nicht öffentlichen Verhandlungen ist nur wenigen bekannt. Was passiert mit den Beteiligten, wenn ihre Zukunft davon abhängt, dass und wie sie die eigene Lebensgeschichte erzählen? Für den Film durchleben vier abgewiesene Asylbewerber:innen die Anhörung zu ihren Fluchtgründen noch einmal und bringen dadurch das Wesentliche des Verfahrens ans Licht: Wem es gelingt, die persönliche Gefährdung im Heimatland «glaubwürdig und widerspruchsfrei» zu schildern, hat bessere Chancen auf einen positiven Asylbescheid. Im Verlauf des Films wird das Machtverhältnis durch einen einfachen Rollentausch für einmal umgedreht: Die Interviewer:innen des SEM beantworten die Fragen der Asylsuchenden. «Die Anhörung» gibt so nicht nur Einblick in die entscheidende und heikle Anhörungssituation, sondern stellt auch das Asylverfahren selbst infrage. Die Regisseurin Lisa Gerig (*1990) engagiert sich seit neun Jahren im Asylbereich, ihr mehrfach preisgekrönter Kurzfilm «Zaungespräche» erzählt vom Schicksal der Gefangenen im Ausschaffungsgefängnis am Zürcher Flughafen Kloten. Mitbeteiligt an ihrem neuen, eindrücklichen Dokumentarfilm sind auch zwei Ostschweizer:innen: Ramòn Giger zeichnet für die Kamera verantwortlich, Ruth Schläpfer für den Filmschnitt. «Die Anhörung» wurde 2023 mit dem Zürcher Filmpreis als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Die Jury unterstrich in ihrer Begründung, dass «der Film Einblick gibt in eine Welt, die man sonst nicht sieht, in einen formalisierten, staatlichen Prozess, bei dem es um Menschen geht. (…) Und dass der kluge Umkehrprozess des Spiels zur unerwarteten Methode wird, welche die Perspektiven verrückt und Empathie erzeugt – ein Schlüsselmoment angesichts des europaweiten Rechtsrucks und der damit verbundenen Verschärfung des Asylrechts». An den Solothurner Filmtagen 2024 gewann «Die Anhörung» den höchstdotierten Filmpreis, den Prix de Soleure, weil er durch seine Menschlichkeit besteche und die Zuschauer:innen mit ihren eigenen Privilegien konfrontiere, so die Jury. Nun ist er auch als bester Dokumentarfilm für den Schweizer Filmpreis  nominiert. 

 

Die Premiere am 30. Januar findet in Anwesenheit der Regisseurin Lisa Gerig und Cutterin Ruth Schläpfer statt. Das Gespräch führt die Soziologin Marina Widmer. 

 

Nach der Vorstellung vom 6. Februar findet ein Podiumsgespräch statt mit Regisseurin Lisa Gerig, Protagonist Pascal Onana, Elia Menghini, Jurist HEKS-Rechtsberatungsstelle für Asylrecht Ostschweiz, und Sükran Magro, Geschäftsleiterin Solidaritätsnetz Ostschweiz. Das Gespräch führt Andrea Oertli, Themenbeauftragte und Campaignerin Inklusion & Flucht und Migration.