About Dry Grasses

TR/FR/DE/SE 2023, 197 Min., DCP, O/d-f, ab 16 Jahren
Regie: Nuri Bilge Ceylan
Darst.: Deniz Celiloğlu, Merve Dizdar, Musab Ekici, Ece Bağı, Erdem Şenocak, Yüksel Aksu, Münir Can Cindoruk, Onur Berk Arsanoğlu, Yıldırım Gücük u.a.

In einem abgelegenen Dorf im tiefsten Anatolien steht Samet, ein junger Kunstlehrer mit Hang zu Zynismus, kurz vor Beendigung seines vierjährigen Pflichtdienstes in einer kleinen Provinzschule. Obwohl er es kaum erwarten kann, endlich aus dieser winterlichen Einöde in eine grössere Stadt, am liebsten Istanbul, versetzt zu werden, ist er bei seinen Schüler:innen beliebt. Gerade weil ihm bewusst ist, dass diese überwiegend kurdischen Kinder wenig Chancen haben, etwas aus ihrem Leben zu machen, behandelt er sie mit kumpelhafter Sympathie. Doch eines Tages beschuldigt ausgerechnet seine Lieblingsschülerin Sevim ihn und seinen Kollegen und Mitbewohner Kenan, sich ihr und einer Mitschülerin gegenüber ungebührlich verhalten zu haben. Eine Anschuldigung, die schnell das Ende der Karriere bedeuten kann. Parallel dazu lernt Samet die engagierte junge Lehrerin Nuray kennen, die an einer anderen Schule im nahegelegenen Städtchen unterrichtet, früher politisch aktiv war und bei einem Terroranschlag ein Bein verloren hat. Wirkliches Interesse an Nuray entwickelt der eifersüchtige Samet jedoch erst, als Kenan ihr Avancen macht. Diese beiden Ereignisse greifen im neuen Werk von Nuri Bilge Ceylan ineinander wie tickende Zeitbomben und geben Anlass zu einer komplexen Reise ins verletzte Innere seines Protagonisten, an deren Ende die Frage steht, wie fortschrittlich er tatsächlich ist. Brillant lotet der seit Jahren bedeutendste türkische Auteur («Once Upon a Time in Anatolia», «Winter Sleep») erneut die Fallgruben menschlicher Beziehungen aus – in wild mäandernden, elaborierten Dialogen von schneidender Präzision, die einen bis zur letzten Minute dieses fast dreieinhalbstündigen Epos in den Kinosessel bannen. Dabei entpuppt sich insbesondere Merve Dizdar in der Rolle der Nuray, für die sie dieses Jahr in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde, als elementare Wucht. Guy Lodge schreibt in Variety: «Mit 197 Minuten mag der Film für viele Zuschauer überlang sein, aber er ist keineswegs unterfüllt: Indem er ein spannendes Klassenzimmer-Drama, eine provokante Ethik-Lektion, ein bitterböses Liebesdreieck und eine schonungslose Anatomie eines alltäglichen Misanthropen vereint, zeigt sich Ceylans dramatisches Talent in seiner besten Form.»