
Je verrai toujours vos visages
Regie: Jeanne Herry
Darst.: Élodie Bouchez, Adèle Exarchopoulos, Jean-Pierre Darroussin, Birane Ba, Leïla Bekhti, Miou-Miou, Gilles Lellouche, Denis Podalydès u.a.
Auf den ersten Blick haben sie nichts gemeinsam – bis auf die Tatsache, dass sie Opfer von Verbrechen wurden. Die junge Mutter Nawelle arbeitete an der Kasse eines Minimarkts, als sie sich eines Tages einem bewaffneten Räuber gegenübersah. Die sechzigjährige Sabine hatte noch tapfer versucht, ihre Tasche festzuhalten, und wurde von dem Dieb auf dem Moped mitgerissen. Beide wagen sich seither kaum noch aus der Wohnung. Und auch Grégoire hat sich bis heute nicht davon erholt, dass er und seine kleine Tochter in ihrem eigenen Haus überfallen wurden. Jetzt nehmen sie freiwillig an einem Programm teil, bei dem sie gemeinsam auf drei inhaftierte Kriminelle treffen, die ähnliche Taten begangen haben. Chloé wiederum, die als Kind von ihrem Bruder missbraucht wurde, strebt nach seiner Haftentlassung ein persönliches Treffen mit ihrem Peiniger an, um sicherzustellen, dass sich ihre Wege nie wieder kreuzen. Seit 2014 bietet die restaurative Justiz in Frankreich Opfern und Tätern die Möglichkeit, in einem geschützten Umfeld unter der Aufsicht von Fachleuten miteinander zu sprechen, um ihre Traumata zu überwinden bzw. ihre Taten zu reflektieren. Getragen von einem umwerfenden Schauspielensemble, das die Crème de la Crème der französischen Film- und Theaterwelt vereint, erzählt Jeanne Herry in ihrem gefeierten Drama von solchen Begegnungen: von der Wut, der Hoffnung, dem Schweigen und der erlösenden Kraft der Worte, von Misstrauen und Vertrauen, von ungeahnten Gemeinsamkeiten und manchmal von echter Wiedergutmachung. Alles dreht sich um die Erzählungen, die der Täter und die der Opfer. Alle sind auf ihre Weise erschütternd. Und doch sieht man, wie sich im Laufe der Gespräche Verständnis entwickelt, wie die Opfer durch die Worte der Täter wieder aufgebaut werden und umgekehrt. Isabelle Danel schreibt im Filmmagazin Bande à part: «Die restaurative Justiz hat zum Ziel, ‹Emotionen durch das Wort zu befreien›, und dieser grossartige Ensemblefilm ist wie Balsam, wie ein Trost. Ohne zu belehren, indem er uns von der Existenz dieser Justiz unterrichtet, filmt er Gesichter wie Landschaften und feiert die Kraft des Kollektivs. Und die Schönheit der ungeahnten Gefühle, die an die Oberfläche kommen, wenn man sich die Mühe machen will, dem anderen zuzuhören.»