20.000 especies de abejas

ES 2023, 128 Min., DCP, O/d-f, ab 6 Jahren
Regie: Estibaliz Urresola Solaguren
Darst.: Sofía Otero, Patricia López Arnaiz, Sara Cózar, Ane Gabarain, Itziar Lazkano, Martxelo Rubio, Unax Hayden, Miguel Garcés, Ane Gabarain, Andere Garabieta u.a.

«Warum wisst ihr denn, wer ihr seid? Und ich nicht?», fragt Cocó trotzig die Familie. Das achtjährige Kind fühlt sich nicht wohl in seinem Jungenkörper. Seinen Geburtsnamen Aitor lehnt es vehement ab, der Spitzname Cocó ist da schon besser, weil unspezifischer, denn eigentlich möchte es ein Mädchen sein. Mit Mutter Ane und den beiden Geschwistern ist Cocó zu Beginn der Sommerferien in Anes Heimatdorf im spanischen Baskenland gefahren und sieht sich dort den Blicken und Urteilen der Verwandtschaft ausgesetzt. Die streng katholische Grossmutter Lita mahnt, dem Kind würden zu wenig Grenzen gesetzt; Tante Leire findet, man sollte diese Phase nicht allzu ernst nehmen. Ane dagegen versucht, eine moderne, liebevolle Mutter zu sein, möglichst ohne Gendernormen, hat gleichzeitig aber genug mit sich selbst zu kämpfen – ihre Ehe steht vor dem Aus, und sie möchte als Bildhauerin endlich aus dem Schatten ihres verstorbenen Vaters treten. Einzig bei Grosstante Lourdes, die als Bienenzüchterin unbeirrbar ihren Weg geht, stösst Cocó wirklich auf Verständnis. Das sonnige, wunderbar einfühlsame Spielfilmdebüt der baskischen Regisseurin Estibaliz Urresola Solaguren, in dem sich Frauen aus drei Generationen mit Identitätsfragen auseinandersetzen, galt auf der diesjährigen Berlinale vielen als Bärenfavorit. Letztlich wurde die bezaubernde neunjährige Sofía Otero für ihre erstaunliche Präsenz als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Marius Nobach schreibt im Filmdienst: «Bei all dem steht die Identitätssuche eines Transkindes zwar im Vordergrund, doch Estibaliz Urresola Solaguren ist nicht dem Irrtum verfallen, dass ein Film über dieses Thema keine anderen Bereiche berühren dürfte. ‹20.000 especies de abejas› ist ebenso das Protokoll von Anes Midlife-Krise wie eine Abrechnung mit einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft, aber auch das genau beobachtete Porträt einer Gemeinschaft zwischen Tradition und unvermeidlichen Veränderungen. (…) Dass auch die Erwachsenen, selbst noch im vorgerückten Alter, mit ihrer Identität zu ringen haben, verflicht das Drehbuch geschickt mit dem Drama des Kindes, das mühsam zu einer Persönlichkeit gelangt, mit der es sich wohler fühlt.»