The Sweet Hereafter

CA 1997, 112 Min., DCP, E/d, ab 14 Jahren
Regie: Atom Egoyan
Darst.: Sarah Polley, Ian Holm, Caerthan Banks, Tom McCamus, Gabrielle Rose, Maury Chaykin, Peter Donaldson, Bruce Greenwood, David Hemblen u.a.

Der Anwalt Mitchell Stephens reist in ein verschneites kanadisches Provinzdorf, wo er die trauernden Hinterbliebenen eines Unglücks zu einer Sammelklage bewegen will. Der Schulbus der Gemeinde ist bei Glatteis von der Strasse abgekommen und in einen zugefrorenen See eingebrochen. Bis auf ein Mädchen sind bei dem verheerenden Unfall alle Kinder ums Leben gekommen. Stephens will einen Schuldigen finden und die Herstellerfirma des Busses auf Schadenersatz verklagen. Doch die Eltern reagieren ablehnend, niemand will aus der Katastrophe Profit schlagen. Dank unermüdlicher Überzeugungsarbeit gelingt es dem Anwalt schliesslich, zwei Familien umzustimmen. Als Kronzeugin möchte er die 15-jährige Nicole gewinnen, die seit dem Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist. Bald wird deutlich, was den hartnäckigen Anwalt antreibt: Stephens selbst leidet unter dem Kontaktverlust zu seiner drogenabhängigen Tochter. Aus dem Roman The Sweet Hereafter von Russell Banks schuf der kanadische Regisseur Atom Egoyan einen «intensiven, eindringlichen Film über Verlust und Leid, der als Lehrbuch in Sachen überlebenswichtiger Trauerarbeit verstanden werden kann», schreibt der Filmdienst. Mit Zeitsprüngen, welche die grossen und kleinen Katastrophen wie Puzzleteile erst allmählich vor uns ausbreiten, lässt Atom Egoyan sich auf keine simplen Opfer-Täter:innen-Zuweisungen ein. Er weigert sich auch, die Frage der Schuld, die der Anwalt klären will, zu beantworten. Vielmehr entwirft er ein widersprüchliches Bild aus individuellen Perspektiven, die jede für sich aufrichtige Formen der Trauerarbeit sind. Eckhard Vollmer formulierte es für die Viennale: «Es geht nicht so sehr um persönliches Leid, sondern um eine Reflexion über das Schicksal an sich – personifiziert durch die Parabel vom Rattenfänger von Hameln – und darum, wie die Menschen versuchen, in ihren engen Käfigen die Kraft zum Weiterleben zu finden.» Sarah Polley, die bereits in «Exotica» (1994) von Atom Egoyan mitwirkte, verkörpert als Nicole, die von einer Musikkarriere träumt, eine komplexe Figur, die immer stärker ins Zentrum der Geschichte rückt. Polley hat auch die Texte zu mehreren Songs geschrieben, die im vielfach preisgekrönten Drama zu hören sind.