Le Bleu du caftan

FR/MA/BE/DK 2022, 121 Min., DCP, O/d, ab 12 Jahren
Regie: Maryam Touzani
Darst.: Lubna Azabal, Saleh Bakri, Ayoub Missioui, Mounia Lamkimel, Abdelhamid Zoughi, Zakaria Atifi, Fatima Hilal, Mariam Lalouaz, Amira Tiouli u.a.

Mina und Halim betreiben in der Altstadt der marokkanischen Stadt Salé eine traditionelle Kaftan-Schneiderei. Seit 25 Jahren sind sie verheiratet und ein liebevoll eingespieltes Team. Während der geduldige Halim die aussterbende Kunst der Stickerei beherrscht und nach traditioneller Art alles von Hand anfertigt, hat die humorvoll-resolute Mina die Geschäfte im Griff und weiss mit der anspruchsvollen Kundschaft umzugehen. Das Geschäft floriert, und so beschliessen sie, den talentierten Youssef als Lehrling einzustellen. Mina weiss schon lange um die im Verborgenen ausgelebte Homosexualität ihres Mannes und hat sich damit arrangiert. Doch als sie die aufkeimende Anziehung zwischen Halim und dem attraktiven jungen Mann bemerkt, gerät ihr zärtlicher Gleichmut ins Wanken … Drei Jahre nach ihrem vielfach preisgekrönten Regiedebüt «Adam» gelingt Regisseurin Maryam Touzani mit «Le Bleu du caftan» ein so feingesponnenes wie sinnlich-melancholisches Drama. In betörenden Bildern und mit traumwandlerischer Virtuosität rührt sie an ein Tabu in ihrer Heimat Marokko, wo Homosexualität noch als Straftat gilt, und erzählt doch von weit mehr als einer verbotenen Leidenschaft unter Männern. Hamils zärtlicher Umgang mit den edlen Stoffen, den Touzani immer wieder kunstvoll in Szene setzt, spiegelt die innige Verbundenheit und den tiefen Respekt, den er trotz seiner sexuellen Neigung seiner Frau entgegenbringt. So wird die von Lubna Azabal überwältigend verkörperte Mina zum emotionalen Zentrum dieses kleinen Meisterwerks, das 2022 in Cannes zu Recht mit dem Preis der Internationalen Filmkritik ausgezeichnet wurde und für Marokko ins Oscarrennen ging. Diego Semerene schreibt im Slant Magazine: «Einer der faszinierendsten und gewagtesten Aspekte von ‹Le Bleu du caftan› ist die Rolle, die Touzani der Figur der heterosexuellen Frau in der Beziehung zwischen diesen Männern zuweist, die sich trotz allem begehren. Mina, die unheilbar krank ist, wirkt gleichzeitig als Unterdrückerin und Vermittlerin des Begehrens von Halim und Youssef. Mit der Zeit scheint ihre Nähe zu Schmerz und Tod ihre Knöpfe zu lösen, ihre anfängliche Eifersucht weicht einer Art seltsamer Gastfreundschaft.»