Calcinculo

IT/CH 2022, 88 Min., DCP, I/d, ab 14 Jahren
Regie: Chiara Bellosi
Darst.: Gaia Di Pietro, Andrea Carpenzano, Barbara Chichiarelli, Giandomenico Cupaiuolo, Francesca Antonelli, Alessio Praticò, Claudia Salerno, Paola Tintinelli u.a.

Die 15-jährige Benedetta ist übergewichtig und lebt mit ihren zwei kleinen Schwestern und ihren Eltern in der italienischen Provinz. Der Vater ist ein Autonarr und die Mutter lässt ihre Unzufriedenheit über eine verpatzte Karriere als Musicaltänzerin an Benedetta aus. Als vor der Haustür der Familie ein Jahrmarkt seine Zelte aufschlägt, lernt Benedetta die Schausteller:in Amanda kennen, die selbstbestimmt lebt und sich Gendernormen widersetzt. Benedetta ist sofort fasziniert vom Selbstbewusstsein und der Selbstständigkeit der älteren Amanda. Ihre vorsichtige Freundschaft ist von Neugier und stillschweigender Anerkennung geprägt, für Benedetta öffnet sich eine neue Welt. «Calcinculo» ist der zweite Spielfilm der 1973 in Como geborenen Chiara Bellosi, die mit «Palazzo di giustizia» ein erstaunliches Spielfilmdebüt präsentierte, das 2020 im Cinema-Italiano-Programm im Kinok zu sehen war. Wie schon in «Palazzo di giustizia», wo während einer Gerichtsverhandlung der Blick auf den Mikrokosmos ausserhalb des Gerichtssaals gelenkt wird, erweist sich Chiara Bellosi auch in «Calcinculo» als präzise Beobachterin menschlicher Dynamiken. Es ist die zärtliche Betrachtung einer ungleichen Freundschaft, gleichzeitig eine Geschichte von Selbstentdeckung und vom Ausbrechen. Der in der Region Latium und im Tessin gedrehte Film feierte seine Premiere an der diesjährigen Berlinale in der Sektion Panorama. Während Gaia Di Pietro (Benedetta) zum ersten Mal vor der Kamera stand, war Andrea Carpenzano (Amanda) in seiner ersten Hauptrolle bereits in «Tutto quello che vuoi» zu sehen, der 2017 in der Cinema-Italiano-Reihe im Kinok lief. Ines Ingerle schreibt im Programm des Crossing Europe Filmfestival Linz: «Für jeden von uns gibt es einen anderen Grund, auf das Karussell (calcinculo) aufzuspringen. Wenn es anfängt, sich schnell zu drehen, ist es wie Fliegen und wir wollen nicht mehr aussteigen. So ergeht es auch Benedetta, als sie Amanda kennenlernt und beschliesst, ihr in ihre Vagabundenwelt zu folgen. Ein präzise beobachtender, tiefgründiger Coming-of-Age-Film, dessen Hauptdarstellerin mit ihren Blicken alles erzählt, was man wissen muss.»