Corsage

AT/LU/DE/FR 2022, 113 Min., DCP, D, ab 14 Jahren
Regie: Marie Kreutzer
Darst.: Vicky Krieps, Florian Teichtmeister, Katharina Lorenz, Colin Morgan, Jeanne Werner, Alma Hasun, Manuel Rubey, Aaron Friesz, Finnegan Oldfield u.a.

Weihnachten 1877 am kaiserlichen Hof in Wien. Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, Schönheitsideal und Modeikone der damaligen Zeit, feiert ihren 40. Geburtstag. Um ihre jugendliche Schönheit zu erhalten, hält sie an einem rigiden Plan aus Hungern, Sport, Frisieren und täglichen Messungen der Taille fest. Aber die eigenwillige und freiheitsliebende Kaiserin hat in all den Jahren auch gelernt, sich dem strengen Hofprotokoll zu entziehen, sei es durch gespielte Ohnmachtsanfälle oder durch ihre häufigen und langen Auslandsreisen nach England, Ungarn oder zu ihrem exzentrischen Cousin Ludwig II. von Bayern. Ihr Widerstand gegen die höfischen Zwänge wächst, sie will aus dem Korsett der ihr zugedachten Rolle, die sich durch allmorgendliches Einschnüren manifestiert, ausbrechen. Vicky Krieps («Phantom Thread») verkörpert Elisabeth jenseits der süsslichen Sissi-Filme der 1950er-Jahre kantig und widerständig und nicht – wie Romy Schneider – als junge Kaiserin, sondern als vierzigjährige Frau in der Lebenskrise. Für diese Glanzleistung wurde die 39-jährige Luxemburgerin am diesjährigen Filmfestival von Cannes mit dem Darstellerpreis in der Sektion Un Certain Regard ausgezeichnet. Die österreichische Regisseurin Marie Kreutzer («Die Vaterlosen», «Boden unter den Füssen») hat in ihrem fünften Spielfilm «Corsage» erstmals einen historischen Stoff gewählt, den sie mit bewusst gesetzten Irritationen und Anachronismen inszeniert. Diese Verfremdungen und die Filmmusik der französischen Neo-Chansonnière Camille schaffen einen Bezug zur Gegenwart. Christoph Becker schreibt auf artechock.de, dass die Parallelen zum Schicksal Lady Dianas in ‹Spencer› (2021) unübersehbar seien: «Zwei royale weibliche Superstars, die ihre festgelegte, auf ihre äussere Erscheinung fokussierte öffentliche Rolle zunehmend als zerstörerisch und belastend empfinden und aus ihrem goldenen Käfig ausbrechen wollen.» Und auf 3sat-Kulturzeit ist zu lesen: «Bei Marie Kreutzer ist der Titel des Films Programm: ‹Corsage› ist ein gelungenes Porträt einer aussergewöhnlichen Frau, die ihrer Zeit voraus war und an den gesellschaftlichen Zwängen verzweifelte.»