Benny’s Video

AT/CH 1992, 110 Min., DCP, D/f, ab 16 Jahren
Regie: Michael Haneke
Darst.: Arno Frisch, Angela Winkler, Ulrich Mühe, Ingrid Stassner, Stephanie Brehme, Stefan Polasek, Christian Pundy, Max Berner, Hanspeter Müller, Shelley Kästner u.a.

Benny hat die Realität der Aussenwelt durch eine künstliche ersetzt, die sich auf den Bildschirmen in seinem abgedunkelten Zimmer abspielt. Eine Kamera überträgt das Geschehen auf der Strasse auf einen seiner Monitore und erübrigt den Blick aus dem Fenster. Der wortkarge, sanft wirkende Teenager sieht sich immer wieder die Tötung eines Schweins mit einem Bolzenschussgerät an, die er auf einem Bauernhof gefilmt hat. «Super», meint ein gleichaltriges Mädchen, das er mit nach Hause genommen hat. Benny zeigte ihr das Video, dann das Bolzenschussgerät selbst – und tötet sie schliesslich damit. Mutwillig, aus Neugier. Später wird er auf die Frage, warum er sie getötet habe, antworten: «Ich wollte sehen, wie das ist.» Den Eltern erzählt er nicht, was er getan hat, sondern zeigt ihnen schlicht das Video der gefilmten Tat. Sie reagieren auf den Mord beinahe so teilnahmslos wie ihr Sohn. Am Esszimmertisch wird ruhig besprochen, was zu tun ist, um Bennys Zukunft nicht zu gefährden. Für den Vater steht die Beseitigung der Leiche im Zentrum, während Benny mit seiner Mutter nach Ägypten reisen soll. Roland Vogler schreibt im Filmbulletin: «Das wirklich Schreckliche an ‹Benny’s Video› ist nicht die qualvolle Tötung des Mädchens – sie findet zwar hör-, aber nicht sichtbar ausserhalb des Suchers von Bennys Videokamera statt, sodass sie sich der Zuschauer vorstellen muss. Das wahrhaft Schreckliche ist die Gelassenheit, mit der die Beteiligten darauf reagieren.» Wie in vielen seiner Filme thematisiert Michael Haneke im zweiten Teil seiner «Trilogie der emotionalen Vergletscherung» die Abstumpfung gegenüber der Gewalt, überlässt es aber dem Publikum, darüber nachzudenken, wo das Unheil seinen Ursprung hat. Der Filmdienst notiert: «Der dicht inszenierte, hervorragend gespielte und fotografierte Film umschreibt mit verstörender Konsequenz den Verlust von Wirklichkeitsgefühl, Leidenschaft und Leidensfähigkeit.» In Reclams Filmklassiker schreibt Thomas Koebner: «Haneke ist eine komplexe moralische Fabel und ein Meisterwerk von grosser ästhetischer Dichte gelungen, raffiniert inszeniert und fotografiert, elegant montiert, rhythmisch subtil erzählt.»