
Le Cri du hibou
Regie: Claude Chabrol
Darst.: Christophe Malavoy, Mathilda May, Jacques Penot, Jean-Pierre Kalfon, Virginie Thévenet, Patrice Kerbrat, Jean-Claude Lecas, Agnès Denèfle, Victor Garrivier u.a.
Der Illustrator Robert hat sich von seiner Frau Véronique getrennt und ist von Paris nach Vichy gezogen, wo er als technischer Zeichner arbeitet. Seine Nachbarin Juliette, die mit ihrem Verlobten Patrick ein zufriedenes, aber wenig aufregendes Leben führt, entfacht in ihm eine obsessive Faszination: Nacht für Nacht schleicht Robert um das Haus des Paares, um einen Blick auf Juliette zu erhaschen. Als er sie eines Tages anspricht, entwickelt sich zwischen den beiden eine seltsam vertrauliche Beziehung. Schon bald verliebt sich Juliette in den Sonderling. Ihr Freund Patrick ist ausser sich vor Eifersucht und stellt Robert auf einer einsamen Landstrasse zur Rede. Nachdem Patrick kurz darauf als vermisst gemeldet wird, geht die Polizei von einem Verbrechen aus Leidenschaft aus und sieht in Robert den Hauptverdächtigen. Claude Chabrol präsentiert Patricia Highsmiths Psychothriller als beunruhigende Studie des Wahnsinns mit tragikomischen Elementen. Wie Highsmith erzählt Chabrol elegant und schnörkellos, mit ironischer Distanz und einem kühl sezierenden Blick. Er interessiert sich für das Verhältnis von Normalem und Abnormalem, Faszination und Wahnsinn, Liebe und Tod, das Thema des falschen Schuldigen, das auch Hitchcock immer wieder umtrieb, und die psychologische Ambiguität, die Highsmiths Figuren eigen sind. Geradezu klinisch seziert er die Protagonisten der französischen Bourgeoisie, in der «Le Cri du hibou» angesiedelt ist; bemerkenswert auch, wie er Roberts Voyeurismus mit der grundlegenden Indiskretion des Kinos, der Kunst des Blicks, gleichsetzt. Christophe Malavoy gibt Robert elegant und die sinnlich-schöne Mathilda May wurde mit einem César ausgezeichnet. Rita Kempley schreibt in der Washington Post: «Chabrol widmet sich in seiner eisig-ironischen Verfilmung von Highsmiths Krimi dem ausserstädtischen Existenzialismus. Vom mittleren Westen der USA nach Vichy verlegt, meditiert dieser Thriller à la ‹Blue Velvet› über die Malaise hinter der Fassade scheinbar gesunden Bürgertums. (…) Die einzigen Figuren, die die Bekanntschaft mit dem Helden überleben, sind ein Arbeitskollege und dessen Frau, die Robert auf Distanz halten. Chabrol scheint mit seiner klinisch-abgeklärten Inszenierung ihrem Beispiel zu folgen.»