
Ediths Tagebuch
Regie: Hans W. Geissendörfer
Darst.: Angela Winkler, Vadim Glowna, Leopold von Verschuer, Hans Madin, Irm Hermann, Wolfgang Condrus, Friedrich G. Beckhaus, Werner Eichhorn u.a.
Edith und Paul sind ein intellektuelles, politisch engagiertes, bürgerliches Ehepaar mittleren Alters, das sich im Berlin der 1970er-Jahre langsam damit abfinden muss, dass ihre Ideale einer besseren Welt sich nicht verwirklichen lassen. Ihr halbwüchsiger Sohn Chris, den sie in bester Absicht antiautoritär erzogen haben, hat sich zu einem gefühlskalten, tyrannischen Einzelgänger entwickelt. Mit bösartigen Streichen und Wutausbrüchen zehrt er an den Kräften seiner Eltern. Da zieht auch noch Pauls seniler Onkel Georg in die Familienvilla am Stadtrand ein und Edith wird die Pflege des herrischen Alten aufgebürdet. Als Paul sie eines Tages unvermittelt für seine junge Sekretärin verlässt, sucht Edith Zuflucht und Trost in ihrem Tagebuch. Hier verklärt sie ihren Alltag zu einer harmonischen, heilen Welt, in der Chris erfolgreich und auch sonst alles in Ordnung ist. Bald beginnen die Grenzen zwischen Fantasie und Realität in ihrer Wahrnehmung zu verschwimmen … Hans W. Geissendörfers Verfilmung von Patricia Highsmiths Roman Edith’s Diary, den er aus einer amerikanischen Kleinstadt nach Berlin verlegte und als intensives psychologisches Kammerspiel inszenierte, zählt zu den Arthouse-Klassikern der frühen 1980er-Jahre. Marie Anderson schreibt auf kino-zeit.de: «‹Ediths Tagebuch› erzählt zum einen die Geschichte einer feinfühligen Frau, die an der Härte ihres trostlosen Lebens zerbricht, zum anderen spiegelt er beinahe erschreckend realistisch Dimensionen der erwachsenen und mittlerweile etablierten 68er-Vertreter, die sich ein Jahrzehnt später mit ihren eigenen rebellischen Kindern sowie mit der Hilfsbedürftigkeit der alternden Elterngeneration auseinander setzen müssen. (…) Die Eskalationen und Charaktere in ‹Ediths Tagebuch› erreichen eine Intensität, die den Film trotz einfacher, geradliniger Handlung zu einem fesselnden Drama mit präzisem, kritischem gesellschaftlichem Blick geraten lassen. Angela Winkler verkörpert die sich der Alltagswelt zunehmend entfremdende Edith grauenhaft glaubhaft, und auch Vadim Glowna brilliert als zwar verständnisvoller und hilfsbereiter, doch dann wieder rücksichtslos egoistischer Ehemann.»