Jenatsch

CH/FR/BRD 1987, 97 Min., DCP, O/d, ab 12 Jahren
Regie: Daniel Schmid
Darst.: Michel Voïta, Christine Boisson, Vittorio Mezzogiorno, Jean Bouise, Laura Betti, Carole Bouquet, Raúl Gimenez, Roland Bertin, Lucrezia Giovannini, Fredi Murer u.a.

Der Zürcher Journalist Christophe Sprecher gerät durch ein Interview mit dem verschrobenen Anthropologen Dr. Tobler, der einst die Ausgrabung von Jürg Jenatschs Gebeinen in der Kathedrale Chur geleitet hatte, unvermittelt in den Bannkreis des legendären, aber auch umstrittenen Bündner Pfarrers, Freiheitskämpfers und Machtpolitikers aus dem 17. Jahrhundert. Bei diesem Treffen schildert ihm Dr. Tobler äusserst anschaulich die Mordnacht, in der Jenatsch während der Fastnacht in der Churer Taverne zum «Staubigen Hüatli» mit einer Axt erschlagen wurde. In Jenatschs Grab hat Dr. Tobler eine kleine Messingschelle gefunden und raunt Sprecher zu: «Und wer weiss, wem diese Schelle gehört, weiss, wer Jenatschs Mörder war.» Schon auf dem Heimweg mit der Polybahn ereignen sich seltsame Dinge: Sprecher findet die kleine Messingschelle plötzlich in der Tasche seines Jacketts wieder. In der Folge wird sein Leben immer stärker von der schillernden Heldenfigur bestimmt, worunter auch die Beziehung zu seiner Freundin Nina empfindlich leidet. Sprecher macht sich auf die Reise zu den Schauplätzen in Graubünden, eine Reise, die ihn durch Raum und Zeit führen wird. «Jenatsch» ist nach «Violanta» (1977) der zweite Film von Daniel Schmid nach einem Stoff von Conrad Ferdinand Meyer. Wie immer bei Daniel Schmid darf man keine historisch aufgearbeitete Biografie erwarten, «denn jeder Augenblick, jeder sogenannte historische Moment, wird zu Fiktion, wenn er vorbei ist». Auf diese Weise gelingt es dem Regisseur, der historischen Kriminalgeschichte ganz neue Dimensionen zu eröffnen. Er inszenierte die von Martin Suter verfasste Geschichte um den historischen Jenatsch und den zeitgenössischen Journalisten als elegantes Traumspiel zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Realität und Fantasie. «Jenatsch» ist eine gross angelegte Produktion, von Kameramann Renato Berta einmal mehr souverän fotografiert. Martin Schlappner schreibt in der NZZ: «In der formalen Gestaltung dieser Wechselgänge zwischen Gegenwart und Vergangenheit, ihrer Verquickung in einer einzigen Einstellung, die vertrackt die Zeiten durcheinanderbringt, ist Schmid ein wahres Meisterstück gelungen. (…) Ein Film von einer optischen Eleganz, die das Zuschauen zum Genuss macht.»