Schatten der Engel

CH/BRD 1976, 101 Min., 35 mm, D, ab 18 Jahren
Regie: Daniel Schmid
Darst.: Ingrid Caven, Rainer Werner Fassbinder, Annemarie Düringer, Adrian Hoven, Boy Gobert, Ulli Lommel, Jean-Claude Dreyfus, Irm Hermann, Klaus Löwitsch u.a.

«Schatten der Engel» ist die Geschichte der Prostituierten Lily Brest. Sie ist die Tochter eines alten Nazis, fragil und vom vielen Herumstehen in der Kälte lungenkrank. Für ihr Gewerbe ist sie zu schön, ihre Kunden bevorzugen üppig-bodenständige Frauen. Zusammen mit ihrem Freund und Zuhälter Raoul lebt sie in einer schäbigen Unterkunft. Eines Tages trifft sie den «reichen Juden», einen korrupten Immobilienspekulanten und Freund des Polizeipräsidenten, der aus dem Filz zwischen Behörden und Bauspekulanten Kapital schlägt. Er trifft sich regelmässig mit Lily, auch weil er ihren Vater für schuldig am Tod seiner Eltern hält. Er ist es, der ihr vorschlägt, nicht mehr zu sprechen und sich für ihr Schweigen und Zuhören bezahlen zu lassen. Von da an wird sie zum «Mülleimer» der Mächtigen, was ihr zu plötzlichem Reichtum und sozialem Aufstieg verhilft. Doch Raoul, der sich inzwischen von einem der Männer des Spekulanten verführen liess, wird mit dieser Situation nicht fertig und verlässt sie. Und trotz Reichtum und Macht will auch Lily nicht mehr so weitermachen … Daniel Schmids eigenwillige Parabel auf das Absterben von Gefühlen, die auf einem Stück von Rainer Werner Fassbinder basiert, spiegelt mit opernhafter Künstlichkeit die Seelenlosigkeit der modernen Grossstadt. Im Programmheft des Kinos Arsenal Berlin ist zu lesen: «Fassbinders 1975 geschriebenes Theaterstück ‹Der Müll, die Stadt und der Tod› entstand in seiner Zeit am Frankfurter ‹Theater am Turm› und ist eine Auseinandersetzung um Stadtsanierung und Korruption in der Finanzmetropole. Der Versuch, antisemitische Stereotype zu analysieren, wurde ihm selbst als Antisemitismus ausgelegt und trat heftige Diskussionen los. Zu Fassbinders Lebzeiten wurde das Stück nie aufgeführt. Daniel Schmid verfilmte das Stück seines Freundes, der an der Seite von Ingrid Caven die Rolle des Zuhälters übernahm, in vorsichtig distanzierter Weise, die die tiefe Faszination für die Verzweiflung, die Trauer und die Angst der Textvorlage verrät. (…) Der ‹reiche Jude› und Lily verzweifeln beide an den Verhältnissen und der Kälte der Stadt, die sie so gut verstanden haben, dass nur noch der Tod als Lösung realistisch erscheint.»