Grosser Baum auf Reise (Taming the Garden)

CH/DE/GE 2021, 86 Min., DCP, O/d-f, ab 10 Jahren
Regie: Salomé Jashi

Ein riesiger Baum segelt aufrecht übers Meer. Das surreale und doch so reale Bild hat die georgische Regisseurin Salomé Jashi nicht mehr losgelassen, seit sie es 2016 zum ersten Mal sah: «Der Anblick des schwimmenden Baumes war wie eine Bildstörung, wie eine Verschiebung der Realität (…). Es war irgendwie schön, von einer seltsamen Poesie, aber gleichzeitig schien es ein Fehler zu sein, eine Art Unbehagen.» Sie erfährt, dass der mächtigste Mann Georgiens jahrhundertealte Bäume entlang der georgischen Schwarzmeerküste sammelt, um mit ihnen einen Park auf seinem Privatgrundstück anzulegen. Beim einflussreichen Mann handelt es sich um den früheren Premierminister Bidsina Iwanischwili. Rund zweihundert Bäume, jeweils bis zu fünfzehn Stockwerke hoch, werden aufwendig ausgegraben und teils vierzig Kilometer über Land bis zum Meer geschafft. Von dort werden sie auf einem Floss zum Park des Milliardärs geschleppt. Der beeindruckende Dokumentarfilm begleitet in ruhigen Bildern kommentarlos die Ausgrabung von Wurzelstöcken mit einem Durchmesser von rund zehn Metern. Für den Transport müssen unzählige Bäume entlang der Strassen gefällt oder gestutzt werden. Die Filmemacherin lauscht den Gesprächen von Anwohnern und Familien, die über das Geschehen geteilter Meinung sind. Viele wollten vor der Kamera nicht reden, erzählt Salomé Jashi. «Für uns mag es vielleicht komisch erscheinen, dass Menschen Angst haben, sich über Bäume zu äussern. Für sie jedoch hiess über Bäume zu sprechen, über Politik zu sprechen.» «Taming the Garden» ist nicht einfach eine bizarre Geschichte aus Georgien, sondern eine universelle allegorische Erzählung über die Machtdynamik zwischen Arm und Reich, über Werte von Menschen, über Entwurzelung und Verbundenheit. Andreas Scheiner lobt in der NZZ am Sonntag: «Allein durch bildgewaltige Tableaus findet die Filmemacherin einen Ausdruck für den Irrsinn, der sich einem hier darbietet. Ein Wort: baumstark.» David Fear hält in seiner Besprechung des Sundance Film Festivals für Rolling Stone fest: «Kein Film ist mir länger in Erinnerung geblieben als Salomé Jashis täuschend schlichter Einblick sowohl in den physischen Prozess zur Bewegung dieser massiven Lebewesen als auch in den Konflikt, den er unter den Dorfbewohnern hervorruft.»