Quo vadis, Aida?

BA/AT/RO/NL/DE/PL/FR/NO/TR 2020, 101 min, DCP, O/d-f, ab 14 Jahren
Regie: Jasmila Žbanić
Darst.: Jasna Đjuričić, Izudin Bajrović, Boris Ler, Dino Bajrović, Johan Heldenbergh, Raymond Thiry, Boris Isaković, Emir Hadžihafizbegović u.a.

Am 11. Juli 1995 stürmen serbische Truppen unter General Ratko Mladić die ostbosnische Kleinstadt Srebrenica, seit Mai 1992 eine Enklave innerhalb des von bosnischen Serben besetzten Gebiets. Die 36’000 Bewohnerinnen und Bewohner Srebrenicas – die meisten von ihnen bosnische Muslime – versuchen, vor Mladićs heranrückender Armee in die ausserhalb der Stadt gelegene UN-Militärbasis von Potocari zu flüchten. Etwa 25’000 schaffen es dorthin, bevor die hier stationierten holländischen UN-Blauhelmsoldaten unter dem Befehl von Oberstleutnant Thomas Karremans das Tor schliessen und niemand mehr auf das mittlerweile katastrophal überfüllte Gelände gelangt. Die Übersetzerin Aida, eine frühere Lehrerin, gehört zu den wenigen Einheimischen, die auf der UN-Basis arbeiten und so den Status einer vor der Rache von Mladićs Schergen geschützten Person geniessen. Nicht so Aidas Ehemann Nihad und die beiden Söhne. Wie Tausende anderer drängen sie sich draussen vor dem Tor. Zwar schafft es Aida, die drei in die Basis zu schleusen, doch unterdessen haben sich auch serbische Soldaten Zutritt verschafft, spielen mit den völlig eingeschüchterten UN-Blauhelmsoldaten, die nur noch die eigene Haut retten wollen, Katz und Maus – und schaffen Frauen, Kinder und Männer aus Srebrenica in bereitgestellte Busse und LKWs. Die bosnische Regisseurin Jasmila Žbanić, die in ihrer Jugend den Krieg in ihrer Heimat erlebte, hat ihn bereits in «Grbavica» (2006) und «For Those Who Can Tell No Tales» (2013) aufgearbeitet. Ihr neuer Film, der seine Weltpremiere am letztjährigen Filmfestival Venedig erlebte und dieses Jahr als bester fremdsprachiger Film für einen Oscar nominiert war, geht weit über ihr bisheriges Schaffen hinaus. Der zum 25. Jahrestag des Srebrenica-Massakers fertiggestellte Spielfilm, eine Koproduktion zwischen acht europäischen Ländern, ist von den Aufzeichnungen «Under the UN Flag» von Hasan Nuhanović inspiriert, einem der wenigen männlichen Überlebenden des Massakers. Mehr als von den Kriegsgräueln lebt der Film von der stupenden Präsenz Jasna Đjuričićs, die Aida verkörpert und in deren Gesicht sich in jeder einzelnen Einstellung das Unbegreifliche des grössten Kriegsverbrechens in Europa seit 1945 widerzuspiegeln scheint.