First Cow

US 2019, 121 min, DCP, E/d-f, ab 14 Jahren
Regie: Kelly Reichardt
Darst.: John Magaro, Orion Lee, Toby Jones, Ewen Bremner, Scott Shepherd, Gary Farmer, Alia Shawkat, Jared Kasowski, Lily Gladstone, Mitchell Saddleback u.a.

Otis «Cookie» Figowitz ist Koch. Der sanfte, junge Mann passt nicht in die ruppige Trapper-Gruppe, die im frühen 19. Jahrhundert durch ein unerschlossenes Oregon zieht. Beim Pilzesammeln befreit er einen Salamander aus einer misslichen Lage. Auch rettet er den chinesischen Einwanderer King-Lu vor Kopfgeldjägern, indem er ihn versteckt. Nachdem sich Cookie in einem Goldgräberdorf von den Trappern abgesetzt hat, treffen die beiden Aussenseiter erneut aufeinander. Lu lädt Cookie in seine Hütte ein. Während der Gastgeber draussen Holz hackt, fegt Cookie den Boden und stellt ein paar gepflückte Blumen ins Fenster. Mit dieser zärtlichen Szene beginnt die Freundschaft zwischen zwei Männern, die bald eine so listige wie gewagte Idee entwickeln. Ein englischer Geschäftsmann, der mächtigste Mann der Siedlung, hat die erste Kuh nach Oregon gebracht. Und weil Cookie aus Kuhmilch ein Süssgebäck backen kann, schleichen sie sich nachts zur Kuh und zapfen gerade so viel ab, dass es niemand bemerkt. Das Gebäck findet reissenden Absatz und die Nachfrage steigt. Mit ihrem neuesten Film erweist sich Kelly Reichardt einmal mehr als Meisterin in der Kunst der Auslassung, wobei in der ruhigen und minimalistischen Inszenierung viel mitschwingt. Reichardts impressionistisches Kino ist stets politisch, ohne viel Aufhebens darum zu machen; der «American Dream» oder der Kolonialismus werden kritisch betrachtet und regen Bezüge ins Heute an. So beginnt auch «First Cow» mit einer zunächst rätselhaften Szene in der Gegenwart. Mit Empathie und sanftem Humor erzählt Reichardt von einer wunderbaren Freundschaft und «beweist damit, dass ein feministischer Film nicht unbedingt weibliche Hauptrollen braucht» (taz.de). Die sorgfältige Bildsprache ist ein weiteres Merkmal von Reichardts Kinokunst; die betörenden Bilder im begrenzten 4:3-Academy-Format stammen von Kameramann Christopher Blauvelt. «Die vielleicht feinsinnigste Vertreterin des US-amerikanischen Independent-Films», so das Ray Filmmagazin, verstehe es, «eine Tiefe und Sensibilität im Bild zu erzeugen, die stets auch das innige Verhältnis der Regisseurin selbst zu der mythischen Landschaft des amerikanischen Westens zum Vorschein bringt, in dem ihre Geschichten oft spielen».