The Nest

UK/CA 2020, 107 min, DCP, E/d, ab 14 Jahren
Regie: Sean Durkin
Darst.: Jude Law, Carrie Coon, Oona Roche, Charlie Shotwell, Tanya Allen, Michael Culkin, Tattiawna Jones, Anne Reid, Wendy Crewson u.a.

Rory O’Hara ist stolz, als er seiner Frau Allison und den beiden Kindern den neuen Wohnsitz in England zeigen kann. Das Anwesen ist weiträumig und bietet auch Platz für Reitpferde, die Allisons grosse Passion sind. Das Haus ist aber eigentlich viel zu gross für die vierköpfige Familie; mit seinen 300 Jahre alten Dielen, dem antiken Mobiliar und den dunklen Wänden unterscheidet es sich grundlegend vom freundlichen Landhaus in einem Vorort von New York, in dem die Familie bisher gewohnt hat. Doch Rory, der sein Geld als Rohstoffmakler verdient, erhofft sich in seiner Heimat grössere Chancen auf ein noch luxuriöseres Leben. Die teuren Privatschulen und das britische Landleben vermögen allerdings nicht darüber hinwegzutäuschen, dass sich Allison, Samantha und Benjamin im düsteren Haus und fern von Freunden und Verwandten nicht wohl fühlen. Sogar das Pferd, das Allison aus den USA überführt hat, verhält sich merkwürdig. Zudem wird deutlich, dass sich Rorys hochtrabende Pläne nicht so einfach umsetzen lassen. Er muss seine Frau bitten, ihm zur Überbrückung einige hundert Pfund aus ihren Ersparnissen zu leihen, bis ein grosses Geschäft abgeschlossen ist. Regisseur und Drehbuchautor Sean Durkin verortet sein mit kühler Präzision inszeniertes Drama in den 80er-Jahren, als Finanzmakler wie Rory in ihrer Gier nach immer grösseren Gewinnen Höhenflüge erlebten. Im sich ruhig entfaltenden Drama gelingt Durkin das eindringliche Porträt einer Familie, deren fragiler Zusammenhalt einzig auf den finanziellen Möglichkeiten und der Erfüllung materieller Wünsche beruht. Die neue Familienvilla, die trotz Luxus alles andere als ein wohliges Nestgefühl vermittelt, wird zum Gespensterhaus, dessen unruhige Geister freilich die Bewohner selbst sind. Barbara Schweizerhof schreibt auf epd Film: «Durkins grosse Stärke besteht darin, das Vertraute in den Konflikten seiner Helden herauszustellen – ohne sie mit künstlicher Filmdramatik aufzupäppeln. (…) Man sieht, wie Rory sich mehr und mehr in seinem eigenen Netz aus Lebenslügen verheddert, wobei es Jude Law gelingt, seine Figur so punktgenau zwischen verachtenswert-eitel und verständlich-verletzlich zu halten, dass er einem nie völlig unsympathisch wird.»