Mandibules

FR/BE 2020, 77 min, DCP, F/d, ab 16 Jahren
Regie: Quentin Dupieux
Darst.: Grégoire Ludig, David Marsais, Adèle Exarchopoulos, India Hair, Roméo Elvis, Coralie Russier, Bruno Lochet, Raphaël Quenard, Gaspar Augé u.a.

Es beginnt wie ein billiger Krimi: Ein Mann steigt aus einem Auto, geht zu einem einsamen Strand, nähert sich einem dort Schlafenden und weckt ihn. Er habe einen Auftrag für ihn, erklärt er dem Mann, dem man ansieht, dass er sein Nachtlager nicht aus freien Stücken gewählt hat. Wenn er einen Koffer an einer bestimmten Adresse abgebe, präzisiert der Mann den Auftrag, erhalte er 500 Euro. Freudig willigt der Obachlose ein, läuft zu einem Parkplatz – der Auftraggeber ist inzwischen verschwunden – und prüft die Türen der Autos, bis er ein unverschlossenes findet, setzt sich in die angejahrte senfgelbe Karre und bringt sie nach einigen Versuchen zum Laufen – die Reise kann beginnen. Willkommen in Quentin Dupieux’ wahnwitzigem Universum. In der Vergangenheit entsprangen seiner Fantasie unter anderem ein mordender Autopneu («Rubber»), mit Drogen dealende grenzdebile Polizisten («Wrong Cops») oder eine Fransenlederjacke mit Eigenleben («Le Daim»). Der Typ am Steuer des geklauten Autos heisst Manu; an einer Tankstelle liest er seinen Freund Jean-Gab auf. Wer von den beiden mehr «simple d’ésprit» ist, so der französische Pressetext, bleibt unklar. Klar ist auf jeden Fall: Beide sind total abgebrannt und deshalb wie besessen hinter dem Geld her, wobei bei Manu noch eine extreme Verfressenheit hinzukommt. Daraus erklärt sich zum einen Teil der Filmtitel, der «Unterkiefer» oder «Kauwerkzeuge» bedeutet. Über letztere verfügt auch die eigentliche Hauptfigur des Films: eine Riesenfliege von der Grösse eines ausgewachsenen Schäferhundes. Die beiden Buddies von einfachem Geiste entdecken sie bei einem Zwischenhalt im Kofferraum ihrer Karre. Sie geben dem Insekt, das sich als lernfähig erweist, den Namen «Dominique» und versuchen, es zu einer Art Kampfdrohne mit dem Endziel Bankraub auszubilden. So beginnt ein irrer Parcours durch ein südfranzösisches Absurdistan, bevölkert von Männlein und Weiblein, die alle nicht die hellsten sind, und begleitet von einer klugen tierischen Protagonistin, die auch optisch einiges hermacht. Guy Lodge schreibt auf Variety: «‹Mandibules› ist so dreist und krawallig, wie es klingt, aber trotzdem von einer kühlen Süsse, die kleben bleibt.»