In weiter Ferne, so nah!

DE 1993, 144 min, 35 mm, D, ohne Altersbeschränkung
Regie: Wim Wenders
Darst.: Otto Sander, Peter Falk, Horst Buchholz, Nastassja Kinski, Heinz Rühmann, Bruno Ganz, Solveig Dommartin, Rüdiger Vogler, Willem Dafoe, Lou Reed u.a.

«Fortsetzung folgt» kündigte eine Einblendung am Ende von «Der Himmel über Berlin» an. Was damals eher als Gag und Verweis auf eine unendliche Liebesgeschichte zu verstehen war, sollte sechs Jahre später Wirklichkeit werden. Nachdem sich sein Freund Damiel auf Erden niedergelassen hat, ist es einsam geworden um Engel Cassiel. Melancholisch streift er durch die inzwischen wiedervereinigte Hauptstadt und verzweifelt zunehmend daran, dass er die Menschen nur beobachten und trösten, nicht aber in ihr Schicksal eingreifen kann. Als die kleine Raissa in Lebensgefahr gerät, kann er nicht mehr an sich halten. Er wagt den grossen Sprung und findet sich unvermittelt als Mensch wieder. Karl Engel nennt er sich auf Erden und gerät bald auf die schiefe Bahn. Obwohl Damiel, der inzwischen sein Glück als Pizzabäcker gefunden und mit der Trapezkünstlerin Marion eine Familie gegründet hat, ihn zu unterstützen versucht, fühlt er sich überflüssig und hilflos. Erst als er dem Geschäftsmann Tony Baker das Leben rettet und dieser ihn aus Dankbarkeit zum Partner macht, scheint er langsam Fuss zu fassen. Dann aber erfährt Cassiel von der NS-Vergangenheit des Mannes und findet heraus, dass er in illegale Waffengeschäfte verwickelt ist. Mit Hilfe seiner Freunde und von Marions Artisten beschliesst er, ihm das Handwerk zu legen. Im Schlussbild von «Der Himmel über Berlin» stand Cassiel auf der Berliner Siegessäule und blickte sehnsüchtig nach unten auf die Menschen. «In weiter Ferne, so nah!» schliesst nahtlos an dieses Bild an. Wieder steht Cassiel dort oben, wieder ist sein Blick voller Sehnsucht. Doch die Welt und Berlin haben sich verändert. Und so erzählt der Film keine Fortsetzung, sondern eine ganz eigene Geschichte. Diesmal ist es nicht die Liebe, weswegen ein Engel zum Menschen werden will. Es ist Cassiels Verlangen, etwas zu bewirken. Mit poetischen Stimmungen, der zuweilen überwältigenden Kameraführung von Jürgen Jürges und überraschenden Gastauftritten von Michail Gorbatschow bis Lou Reed gelang Wim Wenders ein weiterer Film voller Wärme und anrührender Momente, der in Cannes mit dem Grossen Preis der Jury belohnt wurde.