Alice et le maire

FR/BE 2019, 103 min, DCP, F/d, ab 16 Jahren
Regie: Nicolas Pariser
Darst.: Fabrice Luchini, Anaïs Demoustier, Nora Hamzawi, Léonie Simaga, Antoine Reinartz, Maud Wyler, Alexandre Steiger, Pascal Rénéric, Thomas Rortais, Thomas Chabrol u.a.

Der Sozialist Paul Théraneau ist Berufspolitiker durch und durch: gewieft, machtbewusst, eloquent, selbstverliebt und doch mit einem Herz für die sozial Schwächeren. Seit Jahrzehnten ist er Bürgermeister von Lyon, doch nun fühlt sich der Mittsechziger müde, ausgebrannt und vor allem ohne Ideen. Deshalb holt er die Philosophin Alice Heimann in seinen Stab. Die junge Akademikerin soll frischen Wind in sein von Routine erstarrtes Politikerleben bringen. Ihr Auftrag lautet, Ideen zu liefern und dabei «stets den Blick aufs Ganze zu haben». Dabei dürfe sie weder in den Kompetenzbereich der Redenschreiberin noch in denjenigen der Stabschefin geraten, weist der Bürgermeister die verunsicherte junge Frau zu Beginn an. Es versteht sich von selbst, dass Alice in einem Haifischbecken gelandet ist. Vor Kurzem konnte man Fabrice Luchini als eitlen Literaturkritiker im komödiantischen Thriller «Le Mystère Henri Pick» bewundern. Nun verkörpert er den Sozialisten Paul Théraneau mit solch geballter Überzeugungskraft, dass man glauben könnte, er sei in seinem Leben nie etwas anderes gewesen als ein an sich selbst zweifelnder Vollblutpolitiker. Gleichzeitig gelingt es Luchini, stets eine ironische Distanz zu dieser zerrissenen Figur zu schaffen. Seine Filmpartnerin, die 1987 geborene Anaïs Demoustier, bekannt geworden als Hauptdarstellerin in «Elles» von Małgorzata Szumowska und in «Une nouvelle amie» von François Ozon, steht ihm dabei kaum nach. Der zweite Spielfilm von Regisseur und Drehbuchautor Nicolas Pariser – dessen Erstling, der Politthriller «Le Grand jeu», 2015 in Locarno im Wettbewerb der Cineasti del presente lief – ist eine bis in die Nebenrollen stark besetzte, so leichtfüssige wie brillante Komödie über die Irrungen und Wirrungen der Macht. Nicolas Pariser hat seinen Film Pierre Rissient gewidmet, dem 2018 verstorbenen Regisseur, Produzenten und Drehbuchautor, bei dem er sein cineastisches Handwerk lernte und der seinerseits 1959 als Regieassistent bei Jean-Luc Godards Erstling «À bout de souffle» seine Karriere begründet hatte. Baptiste Roux schreibt auf revue-positif.net: «Diese vielfältig schillernde Komödie über die Hohlheit der Macht und die Unwägbarkeiten der Berufung wirft tiefgründige ethische und ideologische Fragen auf. Ihre fliessende, ja choreografisch anmutende Inszenierung ist von einem grossartigen Rhythmus getragen.»