Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

BRD/AT 1972, 100 min, DCP, D, ab 12 Jahren
Regie: Wim Wenders
Darst.: Arthur Brauss, Kai Fischer, Erika Pluhar, Libgart Schwarz, Rüdiger Vogler, Marie Bardischewski, Michael Toost, Bert Fortell, Edda Köchl, Mario Kranz, Ernst Meister u.a.

Bei einem Auswärtsspiel in Wien geraten der Torwart Josef Bloch und der Schiedsrichter aneinander, und Bloch wird des Platzes verwiesen. Das wirft ihn völlig aus der Bahn. Ziellos streift er durch die ihm fremde Stadt, mietet sich in einem schäbigen Hotel ein, geht ins Kino und bändelt mit der Kassiererin Gloria an. Nach einer gemeinsamen Nacht erdrosselt er sie am nächsten Morgen – scheinbar grundlos, ohne erkennbares Motiv. Oberflächlich beseitigt er seine Spuren in ihrer Wohnung und fährt daraufhin zu einer Ex-Freundin aufs Land, die in einer gottverlassenen Gegend nahe der österreichisch-ungarischen Grenze einen Gasthof betreibt. Hier schlägt er die Zeit tot, während er in der Presse verfolgt, wie die Polizei ihm langsam auf die Spur kommt. Das Xenix schreibt: «Ein hypnotischer Taumel ist das, zwischen den gestanzten Sätzen Peter Handkes, der gespielten Coolness Blochs und dessen unkontrollierten Gefühlsausbrüchen. (…) Geschickt bewegt sich Wenders auf dem schmalen Grat zwischen Wahnsinn und Spiessertum, Komik und Tragödie, pubertärer Posse und poetischem Realismus. Unterstützt wird er dabei von einem fantastischen Arthur Brauss in der Hauptrolle und seinen treuen zukünftigen Weggefährten Robby Müller (Kamera) und Peter Przygodda (Schnitt). Sie entführen uns in eine Welt, in der man sich nach dem Sex siezt, in jeder Bar eine schöne Jukebox steht und ein Fehltritt auf dem Fussballplatz unüberwindbare Schande über den Täter bringt.» Für seinen ersten Spielfilm nach dem Studium folgte der erst 27-jährige Wim Wenders minutiös der Vorlage seines Freundes Peter Handke, für die er sich erklärtermassen von der Bildsprache Alfred Hitchcocks inspirieren liess – und baute, ganz wie sein Vorbild, einen Cameo-Auftritt in einer Bahnhofshalle ein. Bei den Filmfestspielen von Venedig brachte ihm sein existenzialistischer Thriller 1972 prompt den Grossen Preis der Filmkritiker ein, die Frankfurter Allgemeine Zeitung lobte ihn als «Meilenstein für das junge deutsche Kino». Aufgrund ungeklärter Musikrechte war er danach aber fast vier Jahrzehnte bis zu seiner Restaurierung 2014 kaum mehr zu sehen.