Le Genou de Claire

FR 1970, 105 min, DCP, F/d, ohne Altersbeschränkung
Regie: Éric Rohmer
Darst.: Jean-Claude Brialy, Aurora Cornu, Béatrice Romand, Laurence de Monaghan, Michèle Montel, Gérard Falconetti, Fabrice Luchini u.a.

Jérôme, Diplomat in den späten Dreissigern, wird in wenigen Wochen heiraten und verbringt seine letzten Ferien als Junggeselle am Ufer des Lac d’Annecy. Dort trifft er zufällig auf die Schriftstellerin Aurora, eine alte Freundin und ehemalige Geliebte, die er sechs Jahre zuvor in Bukarest kennengelernt hatte. Sie macht Urlaub in einer Villa am See und stellt ihn ihrer Gastgeberin, Madame Walter, und deren Tochter vor. Die sechzehnjährige Laure ist aufgeweckt, eigensinnig und keck und scheint empfänglich für Jérômes dandyhaften Charme. Aurora wittert Stoff für ihren nächsten Roman und ermuntert Jérôme, sich auf einen Flirt einzulassen und ihr detailliert davon zu berichten. Dieser hat zwar kein besonderes Interesse an Laure, steigt aber – sich seiner vermeintlich unwiderstehlichen Ausstrahlung ebenso sicher wie seiner überragenden moralischen Integrität – amüsiert auf das Spiel ein. Ins Wanken geraten seine Selbstüberzeugungen allerdings, als Laures wenig ältere Halbschwester Claire auftaucht und er ein fast zwanghaftes Begehren entwickelt, ihr Knie zu berühren. Seine Obsession wird zum Gegenstand einer Wette zwischen ihm und Aurora … Die wunderbare fünfte Gefühlsschau aus Rohmers «Contes moraux» kommt gewohnt wortreich, licht und klug daher. Cécile Mury schreibt in Télérama: «Éric Rohmer spielt mit dem Kontrast zwischen einer strahlenden Natur und den ausschliesslich psychologischen Anliegen der Figuren. Raffinierte, sehr zivilisierte Müssiggänger, für die der Körper vor allem durch die Windungen der Introspektion und der Sprache jubelt. Kurz gesagt, Claires Knie, das Objekt aller Begierden des Helden, ist eine subtile und schalkhafte Metonymie des Begehrens: ein rundes und graziöses Knie steht für einen Körper; eine flüchtige Liebkosung für jede erotische Umarmung. Dieses ‹huis clos› unter freiem Himmel gibt sich den Anschein einer unscheinbaren Geschichte, in der ‹nichts› passiert. Und doch bilden diese ‹Fragmente eines amourösen Diskurses› eine ausserordentliche Studie des Begehrens, des verbalen, fast literarischen Genusses, der jede Neigung begleitet. Ein Juwel.»