Le Signe du lion

Der erfolglose, vierzigjährige Musiker Pierre Wesselrin, ein Amerikaner in Paris, führt ein unbeschwertes Bohème-Leben in Erwartung einer grösseren Erbschaft seiner österreichischen Tante. Pierre ist ein Fatalist und glaubt an die Macht der Sterne, er selbst ist im Zeichen des Löwen geboren, «dem Sternzeichen der Eroberer». Pierre vertraut mehr auf glückliche Fügungen als auf sein Talent, so ist er immer irgendwie durchgekommen. Aber diesmal hat er falsch spekuliert – die Tante hat nicht ihm, sondern seinem Vetter das gesamte Vermögen vermacht. Nun steht er vor dem Nichts, denn er hat sich im Vertrauen auf diese Erbschaft total verschuldet – dazu wird ihm auch noch die Wohnung gekündigt. Da seine Freunde alle in die Ferien gefahren sind oder als Reporter für Paris Match um den Erdball reisen, kann er auch niemanden um Geld bitten. Allein und zunehmend isoliert von der Gesellschaft, streift er ziellos durch die Stadt und muss am eigenen Leib erfahren, was Mittellosigkeit bedeutet. Am Tiefpunkt angekommen, nimmt sein Schicksal nochmals eine unerwartete Wendung. Éric Rohmers eher unbekanntes Spielfilmdebüt «Le Signe du lion» («Im Zeichen des Löwen») entstand 1959, kam aber erst 1962 in die Kinos. Auch die Filmhandlung spielt mehrheitlich in diesem Sternzeichen, gedreht wurde zwischen dem 22. Juni und dem 23. August, an den entsprechenden Tagen und zu den jeweiligen Uhrzeiten im brütend heissen Paris. Die Kamera registriert minuziös die langsame Metamorphose von Mensch und Stadt, Wesselrin versinkt immer mehr in Sprachlosigkeit, die ihn in die Nähe eines antiken tragischen Helden rückt. Zur besonderen Atmosphäre des Films trägt auch die aussergewöhnliche Filmmusik von Louis Saguer bei, für deren finale Integration Rohmer, selbst ein grosser Liebhaber klassischer Musik, am Schluss noch kämpfen musste. «Le Signe du lion» ist ein zentrales Beispiel für das Kino der Nouvelle Vague, die auch ein «cinéma des copains» war. Claude Chabrol produzierte den Film und Jean-Luc Godard hat einen kleinen Auftritt als musikbessessener Partygast. Mit den vielen Aussenaufnahmen ist der Film zudem eine wunderbare Hommage an die Stadt Paris.