They Shall Not Grow Old

UK/NZ 2018, 99 min, DCP, E/d
Regie: Peter Jackson

So furchtbar echt hat man den Ersten Weltkrieg noch nie gesehen. Peter Jackson, bekannt geworden durch die «Lord of the Rings»-Trilogie, hat im Auftrag des Imperial War Museum in London 100 Jahre altes Material aus dem Museumsarchiv zu einer Dokumentation verarbeitet, die es in sich hat. Peter Jackson zeigt den Krieg aus der Perspektive britischer Soldaten in einer Eindringlichkeit, die ihresgleichen sucht: Szenen lachender Freiwilliger bei der Ausbildung finden sich neben Horrorbildern aus dem Schützengraben. Zwar existieren keine Filme über Kampfhandlungen, da dies zu gefährlich war, dafür sieht man die Folgen umso drastischer: Leichen hängen im Stacheldraht und Verwundete blicken apathisch in die Kamera. Dass der Effekt dieser Aufnahmen so überwältigend ist, liegt an deren Bearbeitung: Die historischen Aufnahmen wurden mit modernster Computertechnik restauriert, teilweise koloriert – die Szenen der Ausbildung in England bleiben schwarz-weiss, der Krieg ist farbig – und in 3D konvertiert; wir zeigen jedoch die 2D-Fassung. Die grösste Überraschung aber ist der Sound; das ursprüngliche Material war ja stumm, da der Tonfilm damals noch nicht erfunden war. Deshalb machten Jacksons Tontechniker neue Aufnahmen vom Rumpeln alter Panzer und dem Donner historischer Geschütze. Manchmal hört man die Soldaten sogar sprechen. «We’re in the pictures!», ruft einer begeistert. Jackson hat sie zum Leben erweckt, indem Lippenleser entschlüsselten, was die Männer gesagt haben, und Schauspieler die Sätze nachsynchronisierten. Vor allem aber sind im Off Erinnerungen von Veteranen zu hören, die aus einer BBC-Dokumentation aus den 1960ern stammen. «Es war ein ziemlich grosser Spass, an der Front zu sein», behauptet ein Veteran – die Realität war eine andere. Peter Jackson sagt über seinen neuesten Film, es sei sein persönlichster. Sein Grossvater war Soldat im Ersten Weltkrieg, ihm hat er «They Shall Not Grow Old» gewidmet. Guy Lodge schrieb in Variety: «Peter Jackson hat an dem Material aus dem Museum die gleiche digitale Zauberei angewendet, die er nutzte, um Tolkiens Mittelerde Wirklichkeit werden zu lassen – und er hat so eine Realität Wirklichkeit werden lassen, die kurz vor dem Verschwinden steht: Die kollektive Erfahrung britischer Soldaten an der Front – vom Jubel-Patriotismus bei der Rekrutierung bis zur totalen Erschöpfung und posttraumatischer Belastungsstörung.»