The Wild Pear Tree

TR/MK/FR/DE/BA/BG/SE 2018, 188 min, DCP, O/d
Regie: Nuri Bilge Ceylan
Darst.: Aydin Douğu Demirkol, Murat Cemcir, Bennu Yildirimlar, Hazar Ergüçlü, Serkan Keskin, Tamer Levent, Öner Erkan, Ahmet Rifat Şungar, Akin Aksu u.a.

Nach einem Literaturstudium in der Stadt Çanakkale am Marmarameer kehrt Sinan mit einem Manuskript in der Tasche zu seinen Eltern und Geschwistern in das Provinzstädtchen zurück, in dem er aufgewachsen ist. Dies ohne eine Ahnung zu haben, was ihm hier die Zukunft bringt. Vielleicht könnte er Primarlehrer werden wie sein spielsüchtiger Vater Idris, doch gelernt hat er für die letzte Prüfung nicht. Denn eigentlich träumt er von einer Karriere als Literat. Möglicherweise wird er für den Militärdienst eingezogen; Sinan hat Freunde bei der Polizei und einer dieser Freunde erzählt ihm begeistert von seiner Arbeit. Doch dann trifft er unter dem titelgebenden Birnbaum Hatice, die Ex-Freundin seines einstmals besten Freundes. Die junge Frau erzählt ihm von ihrer bevorstehenden Hochzeit mit einem reichen Mann, den sie nicht liebt – und flirtet ungeniert mit Sinan, um ihn gleich wieder stehen zu lassen. Es ist ein faszinierender Parcours vielfältigster Begegnungen in einer von Melancholie geprägten Welt, die der türkische Meisterregisseur Nuri Bilge Ceylan seinen Protagonisten durchlaufen lässt. Ceylan, der 2014 in Cannes mit seinem letzten Film «Winter Sleep» die Goldene Palme gewann und sich bereits in diesem Werk als Bewunderer von Anton Tschechow zu erkennen gab, hat mit «The Wild Pear Tree» einen Film geschaffen, der mehr noch als sein Vorgängerfilm den Kosmos von Tschechows Stücken in die ländliche Türkei der Gegenwart transportiert. Denn je länger der von langen, oft literarisch geprägten Dialogen und grandiosen, von Ceylans Stammkameramann Gökhan Tiryaki geschaffenen Tableaus getragene Film dauert, umso stärker verschwimmen bei diesen Begegnungen Realität und literarische Fiktion, Alltag und Traum zu einem elegischen Bilderreigen von einzigartiger Schönheit. Robbie Collin schrieb in The Telegraph: «Nuri Bilge Ceylan lässt dieses Drama hinter dem Drama mit unglaublichem Geschick langsam in unsere Augen und Ohren eindringen und schafft es spielend, den sanft naturalistischen Sequenzen einen einzigartigen visionären Touch zu verleihen. Zwar wurde das Wort ‹visionär› vom Filmgeschäft inflationär und bis zur Redundanz ausgequetscht, aber mit ‹The Wild Pear Tree› erinnert uns Ceylan daran, dass er einer ist, der diese Qualifikation wirklich verdient.»