Ich und Kaminski

BE/DE 2015, 124 min, DCP, D
Regie: Wolfgang Becker
Darst.: Daniel Brühl, Jesper Christensen, Amira Casar, Geraldine Chaplin, Denis Lavant, Bruno Cathomas, Jördis Triebel, Jan Decleir, Karl Markovics, Viviane de Muynck u.a.

Der ehrgeizige Kunsthistoriker und Journalist Sebastian Zöllner hat schon bessere Zeiten gesehen. Von der Freundin aus der gemeinsamen Wohnung verbannt, geht es auch mit seiner Karriere nicht weiter, weshalb er sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlägt. Doch dann wittert er einen grossen Coup: Er will die Biografie des blinden Malers Manuel Kaminski schreiben. Dieser ist eine mythenumrankte Gestalt, war einst Zögling von Picasso und Matisse, doch unterdessen ist sein Weltruhm längst verblasst. Zöllner will ihn aus der Vergessenheit reissen, doch die Zeit drängt, denn Kaminski ist hochbetagt. Also lädt sich Zöllner, der berechtigte Zweifel an der Blindheit des Malers hegt, kurzerhand selbst zum Interview bei Kaminski ein in dessen abgelegenes Chalet in den Alpen. Allerdings kommt er erst nicht weit, denn da ist Kaminskis fürsorgliche und kontrollsüchtige Tochter Miriam. Doch mit einer List dringt er bis zum Alten vor, schafft es gar, ihn zu einer gemeinsamen Autofahrt zu überreden. Ein wahnwitziges Roadmovie beginnt, in dessen Verlauf Zöllner sich dem mit allen Wassern gewaschenen Kaminski als nicht gewachsen erweist. Wolfgang Becker hatte seit seinem Grosserfolg «Good Bye Lenin!» (2003) keinen langen Spielfilm mehr realisiert. Erneut mit Daniel Brühl in der Hauptrolle, gelingt ihm hier ein irres Schelmenstück aus einer Zeit, als Smartphones Zukunftsmusik und Karrieren im Kulturjournalismus noch realistisch waren. Basierend auf dem 2003 erschienenen, gleichnamigen Roman von Daniel Kehlmann, der eine beissende Satire auf die Eitelkeiten des Kunstbetriebs schuf, ist Wolfgang Beckers Verfilmung das kongeniale Porträt eines Kotzbrockens, der vom Ruhm eines sterbenden Künstlers zu schmarotzen versucht. Frank Schnelle schrieb in epd Film: «Mit ‹Ich und Kaminski› öffnet Wolfgang Becker eine erzählerische Wundertüte und behandelt überaus kunstvoll das Thema Kunst (…). Er begeht nicht den Fehler, an den ‹Lenin›-Erfolg anknüpfen zu wollen. Er macht hier konsequent ein neues, eigenes Ding, das sich kaum kategorisieren lässt in seiner Mischung aus intellektueller Schärfe, verspielter Komik und surrealer Fabulierkunst. Er macht deutsches Kino, das sich in seiner erzählerischen Ökonomie mit Hollywood messen kann und in seinem unermüdlichen Erfindungsreichtum mit den Filmen von Jean-Pierre Jeunet. Wenn das keine Überraschung ist.»