Styx

DE/AT 2018, 94 min, DCP, D/E/d-f
Regie: Wolfgang Fischer
Darst.: Susanne Wolff, Gedion Wekesa Oduor, Kelvin Mutuku Ndinda, Alexander Beyer, Inga Birkenfeld, Anika Menger u.a.

Die Notfallärztin Rike ist um die 40. Als sie bei einem nächtlichen Einsatz in Köln einen Verletzten aus dem Auto bergen muss, sitzt jeder ihrer Griffe. Sie ist zielstrebig, zupackend, entscheidungsfreudig und mutig. In ihrem Urlaub will sie sich einen lange gehegten Traum erfüllen und alleine von Gibraltar nach Ascencion segeln, eine kleine tropische Insel im Atlantik, deren Artenreichtum bereits Charles Darwin faszinierte. In Gibraltar belädt sie ihren zwölf Meter langen Motorsegler Ada Gray mit Trinkwasserflaschen und Nahrung und sticht in See. Rikes Urlaub ist jäh beendet, als sie vor der afrikanischen Küste nach einem Sturm in ihrer Nähe ein Fischerboot mit mehr als hundert Menschen entdeckt, das hilflos im Meer treibt. Um von den Verzweifelten nicht selbst in den Tod gerissen zu werden, hält Rike Abstand und fordert per Funk Unterstützung an. «Styx» eröffnete die Sektion Panorama an der diesjährigen Berlinale. Der deutsche Regisseur Wolfgang Fischer nähert sich dem emotional aufgeladenen Thema Bootsflüchtlinge mit beinahe dokumentarisch anmutender Nüchternheit. «Styx» beginnt als Abenteuerdrama: Detailliert schildert der Film die Segelhandgriffe, die Navigation, den Funkaustausch mit einem kreuzenden Frachter, der Rike vor einem Sturm warnt, die Vorbereitungen auf das Unwetter. Und danach das, womit Rike nicht gerechnet hat: ein Flüchtlingsschiff in Seenot. Das preisgekrönte Kammerspiel, eine Metapher auf die Festung Europa, ist ganz von Susanne Wolff getragen, die zuletzt in Volker Schlöndorffs «Return to Montauk» zu sehen war und hier mit einer beeindruckenden Präsenz und Glaubwürdigkeit agiert. Eindrücklich sind auch die Bilder von Kameramann Benedict Neuenfels; für den Schnitt war Monika Willi verantwortlich, die Cutterin von Michael Haneke und Michael Glawogger. Ein hochaktueller Film, der still und radikal Stellung bezieht. Michael Gegenhuber schreibt auf uncut.at: «‹Styx› ist ein grossartiger Film. Keine kunstvolle Parabel, die in ihrem eigenen Nabel bohrt, sondern ein grosses Stück Filmliteratur, das einem das Thema unserer Zeit so hautnah heranbringt, dass es fast schon schmerzt.»