Los perros

CL/FR/AR/PT/DE/CH 2017, 94 min, DCP, O/d
Regie: Marcela Said
Darst.: Antonia Zegers, Alfredo Castro, Alejandro Sieveking, Rafael Spregelburd u.a.

Die Mittvierzigerin Mariana führt das bequeme und angenehme Leben einer Frau, die schon immer alle Privilegien hatte, ohne dafür etwas tun zu müssen – eine typische Vertreterin der Oberklasse Chiles. Mariana ist Teilhaberin in der Firma ihres Vaters, eines Forstunternehmers; ihr Mann, ein Argentinier, ist ein Langweiler, der unbedingt ein Kind will, weshalb sich seine Frau einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterzieht. Wenn sie nicht gerade mit ihrer Galerie beschäftigt ist, widmet sie sich ihren Haustieren. Die einen, die Hunde, gaben diesem zweiten Spielfilm von Marcela Said (*1972) den Titel, während die anderen, die Pferde, Marianas Lebensinhalt sind. Mit Leidenschaft lernt sie reiten, und die Leidenschaft zwischen ihr und ihrem Reitlehrer, dem ehemaligen Coronel Juan, beschränkt sich nicht nur auf die gemeinsame Freude an Pferden. Als eines Tages die Polizei auftaucht und Mariana erfährt, dass gegen Juan ein Verfahren läuft wegen seiner Verstrickungen in Menschenrechtsverbrechen während der Pinochet-Diktatur, verhält sie sich seltsam ambivalent. Denn auch ihr Vater war einst Handlanger des Regimes, das Chile von 1973 bis 1990 terrorisierte – und Mariana kann nicht behaupten, nichts davon gewusst zu haben. Marcela Said realisierte bereits mehrere Dokumentarfilme über Chiles dunkle jüngste Vergangenheit, bevor sie sich der Fiktion zuwandte. In «Los perros» ist ihr nun ein beunruhigend stimmiges Bild ihres Landes geglückt, das mit den Geistern der Diktatur längst nicht abgeschlossen hat. Alfredo Castro, bekannt als Protagonist aus Filmen seines Landsmannes Pablo Larraín sowie als Hauptdarsteller von «Los amantes de Caracas», spielt diesen Coronel Juan mit grosser Zurückhaltung, während Antonia Zegers – auch sie spielte in vier Filmen Pablo Larraíns mit – hier die zwischen Faszination und Abscheu schwankende Mariana mit beunruhigender Empathie für diese zerrissene Figur verkörpert. Diego Muñoz schrieb im chilenischen El mercurio: «In einem so verführerischen wie solid konstruierten Plot folgt Marcela Said der Reise von Mariana. Diese führt sie von der Passivität bis zu einer Stärke, die so unwahrscheinlich wie radikal ist. Die Regisseurin schafft Charaktere, die von aussergewöhnlichen schauspielerischen Leistungen getragen werden, und findet Bilder von melancholischer Schönheit (…), die von einem Land erzählen, dessen Wunden der Vergangenheit noch längst nicht vernarbt sind.»