Gasser & Gasser

CH 1994, 90 min, 35 mm, Dialekt/D
Regie: Iwan Schumacher

Peter Gasser ist ein Staatsschutzbeamter der Kantonspolizei Basel-Land. Sein Auftrag: Beobachten und Rapporte schreiben über alles, was sich so bei Linken und sonstigen «Staatsfeinden» tut – und von denen gibt es nicht wenige. Als 1990 die Fichenaffäre auffliegt, gerät Gassers Weltbild gehörig ins Wanken; er erleidet eine schwere Krise und verliert den Glauben an Sinn und Zweck seiner Tätigkeit. Zudem fühlt er sich von seinen Vorgesetzten im Stich gelassen. Als sich dieses Gefühl immer mehr verstärkt, bringt er sich um. Henry Burch ist ein Undercover-Agent der Zürcher Stadtpolizei; er verkehrt als freakiger «Henry Gasser» im Kanzleischulhaus – dem von 1985 bis 1991 existierenden alternativen Quartierzentrum in Zürich-Aussersihl. Er späht die angeblich subversiven Aktivitäten der Besucherinnen und Aktivisten des «Kanzlei» aus, bis er eines Tages selbst auffliegt: Die Denunzierten können den Denunzianten entlarven. Daraufhin ziehen «Gassers» Auftraggeber von der Zürcher Stadtpolizei den staatlich besoldeten Spitzel umgehend aus dem Verkehr und betrauen ihn fortan mit anderen Aufgaben. Was wie Drehbuchentwürfe zu fiktionalen helvetischen Agentenfarcen klingen mag, ist ganz und gar dokumentarisch. Der 1947 in Luzern geborene Iwan Schumacher, der sich seit seinem Porträt über Mathias Gnädinger von 1990 («Mathias Gnädinger – Vier Figuren und ein Porträt») ausschliesslich Künstlerporträts und Kunstdokumentationen gewidmet hat, zuletzt «Walter Pfeiffer – Chasing Beauty» (2017), hat 1994, zu einer Zeit, als sich die Empörung über den Schnüffelstaat schon etwas gelegt hatte, einen Ausflug ins dokumentarische Politkino unternommen. Dabei erscheinen die beiden Protagonisten des Films ausschliesslich in Foto- und einigen wenigen grobkörnigen Videodokumenten und wirken dadurch wie Phantome, während sie durch die zahlreichen Schilderungen unterschiedlicher Menschen, die mit einem der beiden «Gassers» zu tun hatten, zu lebendigen Personen werden.