In den Gängen

DE 2018, 125 min, DCP, D
Regie: Thomas Stuber
Darst.: Sandra Hüller, Franz Rogowski, Peter Kurth, Henning Peker, Ramona Kunze-Libnow, Andreas Leupold, Gerdy Zint, Steffen Scheumann, Michael Specht u.a.

Der wortkarge und etwas linkische Christian tritt neu eine Stelle in einem Grossmarkt im Osten Deutschlands an. Hier, in den endlosen Gängen der weihnächtlich glitzernden Konsumwelt, soll er die Arbeit mit dem Gabelstapler lernen. Am ersten Arbeitstag nimmt ihn der brummelige Bruno von der Getränkeabteilung unter seine Fittiche. Bruno ist ein gutmütiges Urgestein; mit väterlicher Geduld macht er Christian mit den Finessen und Tücken des Staplerfahrens vertraut. Bei seinen Fahrten durch das Grossmarktuniversum trifft Christian bald einmal auf die blonde Marion von der Süsswarenabteilung, die liebevolle Scherze mit ihm treibt – ein Umstand, der auch den anderen Angestellten, allen voran Bruno, nicht verborgen bleibt. Spielfilme über einfache Leute, die in der Arbeitswelt manuelle, wenig qualifizierte Tätigkeiten verrichten, sind im Kino ohnehin eine Randerscheinung – doch so liebevoll und gleichzeitig formvollendet wie Thomas Stuber hat noch selten ein junger Cineast diese grossen Seelen, die die Konsumwelt am Laufen halten, auf die Leinwand gebracht. Der 1981 in Leipzig geborene Regisseur verfilmt hier eine Kurzgeschichte des ebenfalls aus der DDR stammenden Clemens Meyer aus dem Erzählband «Die Nacht, die Lichter». Sein in drei – mit «Christian», «Marion» und «Bruno» betitelte – Kapitel unterteilter Film entwickelt im Verlauf von über zwei Stunden Tiefe, Tragik und Komik, die ihresgleichen suchen. Franz Rogowski, diesen Monat im Kinok auch in Christian Petzolds «Transit» als Protagonist zu bewundern, und Sandra Hüller, die wir anlässlich des Kinostarts von Maren Ades «Toni Erdmann» im Oktober 2016 mit einer Retrospektive ehrten, verkörpern die beiden verlorenen Seelen Christian und Marion mit so viel schrägem Charme und subtilem Witz, dass einem ganz warm ums Herz wird und man sich nur eines wünscht: Sie mögen zusammenfinden! Frank Junghänel von der Berliner Zeitung schrieb: «Diesen Mut, diese erzählerische Kraft und diese filmische Vision muss man erst mal haben, eine Liebesgeschichte fast ausschliesslich in der von kaltem Neonlicht beleuchteten Welt eines Grossmarktes anzusiedeln.»