Thelma

NO/FR/DK/SE 2017, 116 min, DCP, O/d-f
Regie: Joachim Trier
Darst.: Eili Harboe, Kaya Wilkins, Ellen Dorrit Petersen, Henrik Rafaelsen, Grethe Eltervåg, Marte Magnusdotter Solem, Anders Mossling u.a.

Die junge Studentin Thelma ist eben in Oslo angekommen. Introvertiert und schüchtern, scheint sie den Umgang mit Menschen nicht gewohnt zu sein. Täglich melden sich die fürsorglichen Eltern und wollen wissen, wie es ihr geht und was sie isst. Thelma gibt Auskunft, doch etwas erwähnt sie nicht: Sie hatte in der Bibliothek der Universität einen epileptischen Anfall. Das erste Mal, wie sie einem Arzt berichtet. Augenzeugin war die attraktive Anja, die sich mit Thelma anfreundet. Anja ist ein völlig anderer Charakter: Sie hat viele Freunde, raucht, trinkt und ist voller Lebensfreude. Thelma beginnt bald mehr als freundschaftliche Gefühle für Anja zu entwickeln – zugleich hadert sie als streng religiös erzogene Frau mit ihrer Sehnsucht. Wie Thelma, eindringlich verkörpert von Eili Harboe, hin und hergerissen wird zwischen dem konservativen Elternhaus und dem urbanen Leben, religiösen Moralvorstellungen und ihrer erwachenden Sexualität, das erzählt Joachim Trier ausgesprochen sinnlich und einfühlsam. Neben diesem Coming-of-Age-Drama ist «Thelma» auch ein übersinnlicher Thriller. Das wird in der allerersten, verstörenden Szene deutlich und manifestiert sich in der Folge immer wieder in einer beunruhigenden Atmosphäre sowie Albträumen und alarmierenden Bildern: visuell betörend in einer klaustrophobischen Szene in einem Hallenbad sowie bei einer dramatischen ärztlichen Untersuchung. Das Unheimliche und Übersinnliche erwächst aus dem Alltäglichen und der menschlichen Konstitution in der Auseinandersetzung mit ausser Kontrolle geratenen Obsessionen. Die Suche der jungen Frau nach der eigenen Identität, der Widerstreit zwischen Erotik und Erziehung manifestiert sich in bildstarken Metaphern. «Thelma» lässt sich als ein existenzielles Familiendrama im Kleid eines intimen Psychothrillers bezeichnen. Der norwegische Regisseur selbst beschreibt seinen Genre-Mix so: «Eine Mischung aus übernatürlichem Kino aus Europa und Amerika, alter Folklore und Märchen aus Norwegen und dem dänischen Märchenautor Hans Christian Andersen.»