Taste of Cement

LB/DE/SY/QA/AE 2017, 85 min, DCP, O/d
Regie: Ziad Kalthoum

Eine Gruppe syrischer Arbeiter schuftet in der libanesischen Hauptstadt Beirut auf der Grossbaustelle eines Hochhauses. Die Männer sind Flüchtlinge, eingeschlossen in der Welt der Baustelle, wo sie ausserhalb der Arbeitszeit im Keller leben. Ein Verlassen der Baustelle ist ihnen wegen einer abendlichen Ausgangssperre für syrische Flüchtlinge verboten. Der 1981 in Syrien geborene, heute in Berlin lebende Regisseur Ziad Kalthoum erschafft aus dieser tristen Realität einen dialoglosen Filmessay, der in seiner poetischen Schönheit und cineastischen Ausdruckskraft seinesgleichen sucht und im vergangenen April am Filmfestival Visions du Réel in Nyon den Hauptpreis gewann. Unterlegt von einem meisterlichen Sounddesign liegt über den Bildern der stark verdichtete, literarische Text eines Mannes, der sein Leben resümiert und sich erinnert, wie schon sein Vater, auch er Bauarbeiter, einst in Friedenszeiten zu Hause in Syrien den Zementstaub nicht mehr los wurde und früh an dessen Folgen starb. Immer wieder streift die Kamera dazu die Männer, zeigt bisweilen in extremen Grossaufnahmen deren Augen, spiegelt in der Iris äusseres Geschehen und zeigt in diesen Einstellungen innere Bilder, die für die Betroffenen bedrängender sind als äussere. Geri Krebs schreibt auf NZZonline: «In der Darstellung dieses Universums von Männern, die etwas aufbauen, während ihre Heimat im Krieg versinkt, leisten Kalthoum und sein libanesischer Kameramann Talal Khoury Unglaubliches. So begleitet die Kamera die Arbeiter immer wieder in schwindelerregende Höhen, fängt von dort Panoramen ein, die atemberaubend sind, kontrastiert mit Nahaufnahmen von lebensgefährlichen Klettereien und vermittelt gleich darauf mit Bildern von Kränen, Fassaden und Wäldern von Armierungseisen eine visuelle Poesie, die an frühes sowjetisches Kino erinnert. Und wenn bei einem der Panoramen von Beirut die Sicht langsam von den grauen Strahlen einer in Grossaufnahme erscheinenden Zementspritzmaschine getrübt wird und die Szene bruchlos übergeht in eine andere, (…) wird der Schrecken fast physisch erfahrbar: Gefilmt aus der Führerkabine eines Panzers – wohl einem Propagandafilm von Assads Armee entnommen – bahnt sich dieser mit infernalischem Lärm einen Weg durch die Trümmerlandschaft von Aleppo, deren Verwüstung an Stalingrad oder Berlin 1945 gemahnt.»