Radiance

JP/FR 2017, 101 min, DCP, O/d-f
Regie: Naomi Kawase
Darst.: Masatoshi Nagase, Ayame Misaki, Tatsuya Fuji, Kazuko Shirakawa, Misuzu Kanno, Mantarô Koichi, Chihiro Ohtsuka, Nobumitsu Ônishi, Noémie Nakai u.a.

Eine leise Annäherung zwischen einer in ihrem Leben unglücklichen jungen Frau und einem berühmten älteren Fotografen, der wegen einer degenerativen Augenerkrankung langsam erblindet: Auf diese kürzeste Formel lässt sich der Inhalt des neuesten Films von Naomi Kawase bringen. Die junge Misako lebt ganz fürs Kino und ist als Spezialistin für Audiodeskriptionen tätig. Bei dieser Tätigkeit begegnet sie dem mit seinem Schicksal hadernden Fotografen Nakamori, der seiner Passion bald nicht mehr wird nachgehen können. Das Unsichtbare oder kaum mehr Sichtbare visuell erfahrbar zu machen, das ist eine Herausforderung, an die sich schon öfter Filmschaffende gewagt haben, aber kaum jemand hat das in solcher Schönheit und so formvollendet geschafft wie Naomi Kawase in «Radiance». Die 1969 geborene Ausnahmeregisseurin gehört im Bereich des Autorenkinos neben Hirokazu Kore-Eda zu den bedeutendsten und produktivsten japanischen Filmschaffenden ihrer Generation. Mit ihrem vorherigen Film «An – Von Kirschblüten und roten Bohnen» war sie vor Jahresfrist im Kinok präsent, davor lief bei uns «Still the Water». Ähnlich wie Kore-Eda gilt auch sie als legitime Nachfolgerin von Yasujiro Ozu. Und wie für diesen Übervater des japanischen Kinos stets der Zusammenprall von Tradition und Moderne im Zentrum seines Werkes stand, so spielt dieses Thema auch bei Naomi Kawase eine grosse Rolle, die 1997 gleich für ihren ersten Spielfilm «Suzaku» in Cannes die Caméra d’or erhielt. Naomi Kawase war von da an mit jedem ihrer zehn nachfolgenden Spielfilme in Cannes vertreten, meist im Hauptwettbewerb. So auch mit «Radiance», für den sie 2017 den Preis der ökumenischen Jury erhielt. Susanne Ostwald schreibt in der NZZ: «Naomi Kawase erzählt eine der berührendsten Liebesgeschichten, die das Kino seit langem zu bieten hatte. (…) Die sagenhaften Bilder, die sie zeigt, ihre wunderschöne Hauptdarstellerin Ayame Misaki, das alles formt sich zu einer Symphonie der Sinnlichkeit. Das im Film wiederholt auftauchende (…) Wort von der Schönheit des Vergänglichen, es wird schon dadurch verifiziert, dass man wünschte, dieser Film ginge nie zu Ende. Ganz grosses Kino ist das.»