
Une histoire de fou
Regie: Robert Guédiguian
Darst.: Simon Abkarian, Ariane Ascaride, Grégoire Leprince-Ringuet, Syrus Shahidi, Razane Jammal, Robinson Stévenin, Serge Avedikian u.a.
In einem schwarz-weissen, zwanzigminütigen Prolog erzählt «Une histoire du fou» von einem Prozess in Berlin 1921: Ein junger Armenier ist angeklagt, den letzten Innenminister des osmanischen Reiches auf offener Strasse ermordet zu haben. Trotz klarer Indizien wird der junge Angeklagte freigesprochen, da das Gericht von einem gerechten Akt gegen den Architekten des Völkermords an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs ausgeht. Sechs Jahrzehnte später – und jetzt in Farbe – gibt es immer noch keine Gerechtigkeit für die Überlebenden des Genozids und ihre Nachkommen, deshalb beginnt nun eine junge Generation von Armeniern, erneut mit Terror gegen die Repräsentanten des türkischen Staates vorzugehen. Für einmal spielt der neue Film des bekennenden Kommunisten Robert Guédiguian nicht unter den einfachen Leuten seiner Heimatstadt Marseille wie etwa in «Marius et Jeannette» oder «Les neiges du Kilimandjaro», sondern der armenisch-stämmige Regisseur, Drehbuchautor und Produzent wendet sich hier, ähnlich wie schon 2009 in «L’armée du crime», der Geschichte des armenischen Terrorismus zu. Inspiriert von dem 1982 erschienenen autobiografischen Roman «La bomba» des spanischen Journalisten José Antonio Gurriarán, der 1980 in Madrid nach einem Attentat der armenischen Terrororganisation Asala querschnittgelähmt blieb und danach dennoch zu einem Fürsprecher der «armenischen Sache» wurde, entwickelt Robert Guédiguian eine atemberaubende Geschichte, in der eine grössere Anzahl von Protagonisten eine spirituelle Reise unternimmt. «Mit diesem Film findet Robert Guédiguian einen Angelpunkt, der es ihm erlaubt, sich direkt mit seinen armenischen Wurzeln auseinanderzusetzen und gleichzeitig zu einer Art cineastischem Botschafter seines Volkes zu werden. Dabei wirkt die unglaubliche, aber wahre Geschichte von José Antonio Gurriarán wie ein Katalysator in einem Film, der das Thema des Völkermords an den Armeniern so differenziert abhandelt, wie man das zuvor noch nie im Kino gesehen hat.» Christine Haas, Paris Match