
La vie de bohème
Regie: Aki Kaurismäki
Darst.: Matti Pellonpää, Evelyne Didi, André Wilms, Kari Väänänen, Christine Murillo, Jean-Pierre Léaud, Laika, Carlos Salgado u.a.
In seinen Filmen feiert Aki Kaurismäki meist unbehauste Aussenseiter, die an Bohemiens erinnern, auch wenn sie sich nicht in brotloser künstlerischer Selbsterfüllung versuchen, sondern einfachen Arbeiten nachgehen. Nicht erstaunlich, dass die Verfilmung von Henri Murgers 1851 publiziertem Roman «Scènes de la vie de bohème» zu seinen Herzensprojekten gehörte. Die Handlung hat Kaurismäki ins Paris des 20. Jahrhunderts verlegt, die existenzielle Disposition der Figuren aber entspricht jener von Murgers Zeit. Marcel (André Wilms), Rodolfo (Matti Pellonpää) und Schaunard (Kari Väänänen), Dichter, Maler und Komponist, sind Figuren, die aus der Zeit gefallen sind – und denen die Zeit nichts mehr anhaben kann, so sehr sie auch an ihrer Welt leiden. Dem Alltag trotzen die drei mit stoischer Würde, den Fährnissen des Lebens setzen sie unerschütterlich Stil und Haltung entgegen, das karge Brot teilen sie mit vollendeter Geste. Das Weltfremde oder Weltenthobene wird hier zur Möglichkeit der Selbstbehauptung, zugleich kontert Kaurismäki jede Boheme-Verklärung durch blanken Fatalismus. Murgers Geschichte erzählt er in Bildern, in denen er den poetischen Realismus von Klassikern wie etwa René Clairs «Sous les toits de Paris» (1929) beschwört, was seine Verfilmung ihrerseits der Zeit enthebt. Thomas Allenbach